netzpolitik.org erhält Günter-Wallraff-Preis 2018

Letztjährige Preisverleihung (Foto: DLF/Jann Höfer)

Den Günter-Wallraff-Preis für Journalismuskritik 2018 hat die Initiative Nachrichtenaufklärung (INA) e.V. an das Internet-Angebot Netzpolitik.org verliehen. Die Macher engagieren sich in herausragender Weise dafür, Nachrichten zu recherchieren, zu verifizieren und zu korrigieren, so die Begründung der INA. Der Preis wurde beim 4. Kölner Forum für Journalismuskritik im Deutschlandfunk vergeben.

Netzpolitik.org-Gründer Markus Beckedahl nahm die Auszeichnung vom Namensgeber, dem Investigativjournalisten Günter Wallraff, entgegen. Dieser zog einen Vergleich zwischen sich und Beckedahl: Auch er sei „nur nebenbei Journalist“ und immer auf der Seite der Schwächeren.

M. Beckedahl und G. Wallraff (Foto: DLF/Jann Höfer)
M. Beckedahl und G. Wallraff (Foto: DLF/Jann Höfer)

Beckedahl sprach in Köln über die Bemühungen des Blogs, Informationen zu überprüfen. Mithilfe von Spenden sei Netzpolitik.org in der Lage, sich auf Themen zu konzentrieren, die andere nicht machten, weil das Interesse zu klein scheine. „Uns sind diese Themen wichtig.“ Denn meistens stünden Interessen dahinter, die nicht die der Allgemeinheit seien. „Unsere Motivation ist es, auf die ganzen Prozesse und die Politik dahinter aufmerksam zu machen.“ Zudem sollten Menschen angehalten werden, sich in die Debatten einzuschalten. „Wir sehen uns als Informationskuratoren beziehungsweise Rechercheure, um politische Prozesse transparenter zu machen.“

In Redaktionen fehlten häufig die Mittel, beispielsweise Meldungen vom Bundeskriminalamt zu überprüfen, sagte Beckedahl. Zuvor hatte er auf einer Diskussionsrunde auf dem Forum für Journalismuskritik erklärt, er und die anderen Autoren seien Journalisten, hätten aber zugleich eine Haltung. Damit müsse man transparent umgehen, forderte Beckedahl.

Deutschlandfunk-Chefredakteurin Birgit Wentzien hält die Laudatio auf Netzpolitik.org bei der Verleihung des Günter-Wallraff-Preises für Journalismuskritik. (Jann Hoefer)
Deutschlandfunk-Chefredakteurin Birgit Wentzien würdigte Netzpolitik.org (Foto: DLF/Jann Hoefer)

Deutschlandradio-Chefredakteurin Birgit Wentzien würdigte in ihrer Laudatio das Engagement Beckedahls für Bürgerrechte. Er sei Aktivist sowie Internetaufklärer und -erklärer. Beckedahl stärke die öffentliche Arbeit des Journalismus und rufe dessen Aufgaben in Erinnerung. „Sie regen auf und sie regen an“, betonte Wentzien.

Internet und Gesellschaft

Das Blog Netzpolitik.org befasst sich mit Themen aus Internet, Gesellschaft und Politik – und zwar besonders mit solchen Themen, die andere Medien wenig bis gar nicht beleuchteten, wie bei der Preisvergabe betont wurde. Netzpolitik.org erreichte besondere Bekanntheit, als die Bundesanwaltschaft vor drei Jahren Ermittlungen gegen die Betreiber wegen Landesverrats aufnahm. Die Ermittlungen wurden später eingestellt.

Initiator des Günter-Wallraff-Preises ist die medienkritische „Initiative Nachrichtenaufklärung“, eine Nichtregierungsorganisation mit Sitz in Köln. Er ist mit 5.000 Euro dotiert, die die Mediengruppe RTL gestiftet hat.

Drei lobende Erwähnungen

Wegen der großen Zahl qualifizierter Bewerbungen hat der Vorstand der INA sich entschieden, in diesem Jahr neben  dem Hauptpreis  drei lobende Erwähnungen auszusprechen. Eine gab es für die freie Regisseurin Anja Reiß. Diese zeige mit ihrem Dokumentarfilm „Truth Detectives“ auf, wie Überwachung nicht nur von oben funktioniere, sondern wie jeder mit seinem Smartphone Missstände aufzeichnen und veröffentlichen könne.

Außerdem bedacht wurden Eva Achinger und Alexander Krützfeldt für ihre Reportage-Reihe zu vielen unterschiedlichen Aspekten und Blickwinkeln aus deutschen Gefängnissen, die parallel im Bayerischen Rundfunk und in der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht wurden. Die dritte lobende Erwähnung erhielt Miriam Keilbach von der „Frankfurter Rundschau“. Sie wurde für ihre Reportage zum Flüchtlingslager Dadaab in Kenia gewürdigt.

Im vergangenen Jahr hatte Ahmet Şik den Günter-Wallraf-Preis erhalten. Er konnte in diesem Jahr nicht dabei sein. Stattdessen sprach der deutsch-türkische Journalist Osman Okkan. Er erinnerte daran, dass in der Türkei viele Journalisten und Oppositionelle im Gefängnis sitzen. „Die Medien sind weitestgehend gleichgeschaltet“. Nur der Druck aus der Bevölkerung könne die Herrschenden zwingen, zu handeln.

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