Glückwunsch: Günter Wallraff wird 75

(Foto: INA/Wergen)

An seinem 75. Geburtstag ist Günter Wallraff ausgerechnet für die Initiative Nachrichtenaufklärung (INA) e.V. unterwegs. Statt Geburtstagsparty hat das INA-Ehrenmitglied Wallraff sich auf den Weg nach Instanbul gemacht, um das Preisgeld für den Günter-Wallraff-Preis für Journalismuskritik zu übergeben, den die INA in diesem Jahr dem in der Türkei inhaftierten Journalisten Ahmet Sik verliehen hat.

Manchmal will man ja nur höflich sein, wenn man behauptet, man würde jemandem das Alter nicht ansehen. Bei Günter Wallraff aber ist es absolut die Wahrheit. Der Marathonmann mit den vielen Identitäten könnte sein eigener Darsteller in jünger sein. Und darzustellen gäbe es viel, denn Wallraff hat sich mehr als einmal neu erfunden.

Ursprünglich hat Wallraff Buchhändler gelernt. Bekannt wurde er in den 1960er-Jahren mit seinen „Industriereportagen“, bei denen er bereits seine Methode anwandte, in verschiedene Identitäten zu schlüpfen. Diese verdeckten Recherchen waren aus der Not geboren, denn nach ersten Veröffentlichungen in Gewerkschaftszeitungen hängten Arbeitgeber „Wallraff-Steckbriefe“ aus, damit der Journalist sich nicht unerkannt in die Betriebe einschleusen konnte. Konnte er aber doch, und begründete damit eine journalistische Arbeitsweise, die es in Schweden sogar ins Wörterbuch gebracht hat: wallraffen.

Seinen ersten Scoop landete er dann ausgerechnet bei denen, die jedem Scoop hinterherhecheln: Wallraff schleuste sich unter dem Namen Hans Esser in die Hannoveraner Bild-Redaktion ein. Sein Buch „Der Aufmacher“ wurde ein Bestseller und beleuchtete die damals menschenverachtenden und gegen jedes Berufsethos verstoßenden Arbeitsweisen der Springer-Journalisten.

Fast noch bekannter wurde er in den 1980er-Jahren mit seiner Reportagesammlung „Ganz Unten“, für die er als Türke „Ali“ durch den prekären Arbeitsmarkt dieser Republik wanderte und die tägliche Unterdrückung und den Rassismus darstellte. Seit geraumer Zeit arbeitet Wallraff nun für den Fernsehsender RTL mit dem „Team Wallraff“ und deckt auch hier Skandale in Pflegeheimen, Fast-Food-Restaurants und Industriebetrieben auf.

Im Jahr 2015 hat INA-Geschäftsführer Prof. Dr. Hektor Haarkötter zusammen mit dem Deutschlandfunk-Nachrichtenchef und dem heutigen Jubilar den Günter-Wallraff-Preis für Journalismuskritik ins Leben gerufen. Die INA gratuliert ihrem Ehrenmitglied hiermit aufs herzlichste.

Im Deutschlandfunk wurde Günter Wallraff am vergangenen Freitag von Medienredakteur Stefan Koldehoff interviewt. Hier findet sich die Schriftfassung des Gesprächs, in dem er auch auf seine Türkei-Reise für die INA zu sprechen kommt.

Der Fernsehsender RTL strahlt am Montag, den 9.Oktober 2017, eine Filmbiographie über Günter Wallraff von Filmemacher Lutz Hachmeister aus.

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