2018: Top 3

Monsun in Südasien 2017 versus Hurricane in Texas

Der Monsun in Südasien im Sommer 2017 gilt als einer der heftigsten der letzten Jahrzehnte, rund 41 Millionen Menschen gelten als betroffen. Besonders schwer trifft es den Osten Indiens, den Südosten Nepals und Bangladeschs.  Es ist eine humanitäre Katastrophe. Trotzdem ähnelt die Berichterstattung in ihrem Umfang nicht annähernd der Berichterstattung über den Hurricane Harvey, der nur zwei Wochen später in Texas für Verwüstung sorgt. Der Hurricane Harvey sowie die Outfits der Trumps nehmen einen hohen Stellenwert in den Nachrichten ein. Der Monsun 2017 wird dagegen signifikant weniger erwähnt und geht in der Berichterstattung gegenüber den US-Ereignissen, um im Bilde zu bleiben, unter. Einigen wenigen Medien ist die Reflektion darüber im vergangenen Sommer gelungen, wünschenswert wäre ein breiteres Bewusstsein.

Sachverhalt & Richtigkeit:

„Das sind Überschwemmungen, wie sie nur etwa alle 30 Jahre in dieser Größenordnung und mit solchen Folgen auftreten“, sagt Daniel Becker, Flutbeauftragter des Deutschen Roten Kreuzes. Unvorstellbare Wassermengen fließen mit dem Schmelzwasser des Himalayas in das tief gelegene Bangladesch und fluten ganze Landstriche, rund zwei Drittel sind nicht mehr zugänglich. Fast sieben Millionen Menschen werden von der Außenwelt abgeschnitten und haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und Lebensmitteln.

In den Sommermonaten von Mai bis September ist Monsunzeit in Südasien. Extreme Regenfälle haben Mitte August 2017 in Indien, Nepal und Bangladesch hohe Schäden angerichtet. Nach Schätzungen der Rotkreuz- und Rothalbmond- Gesellschaften sind 41 Millionen Menschen betroffen, 2100 Menschen sterben. Besonders schwer trifft es den Osten Indiens, vor allem die Staaten Assam, Uttar, Pradesh und Manipur. Allein in der Region Bihar sind 13,8 Millionen Menschen betroffen. In der Metropole Bombay werden innerhalb von 24 Stunden 320 Liter pro Quadratmeter registriert; der Mittelwert für den Monat August liegt bei 553 L/m³ (= mm). Im südöstlichen Landesteil Terai in Nepal sterben 200 Menschen, weitere 2 Millionen müssen fliehen.

In Bangladesch verschärfen die ablaufenden Wassermengen aus Indien und Nepal die Situation. Eine Kältewelle im Norden verschlimmert die Lage weiter. Am stärksten betroffen sind die ländlichen Gebiete Tangail, Jamalpur, Sirajgonj, Kurigram, Dinajpur. 6,9 Millionen Menschen leiden unter den starken Regenfällen, extremen Winden und Überflutungen. Der Monsun zerstört 593.247 Häuser und 650.000 Hektar Land, 114 Menschen sterben und 297.254 Menschen werden vermisst (Stand 20.08.2017).

Der Starkregen führt zu Ernährungsengpässen, mangelnder Trinkwasserversorgung und Isolation. Die Menschen haben durch ihre finanziellen Mittel kaum Möglichkeiten die Regionen zu verlassen. Die Ernten, der ohnehin schwer betroffenen ländlichen Region, sind in Gefahr. Bauern verbuchen große Schäden; Reisfelder sind zerstört und auch die Versorgung der Tiere ist schwierig, da der Großteil des Landes unter Wasser steht. Tagelöhner können nicht mehr zur Arbeit gehen, da die Wege unpassierbar sind. Der Monsun zerstört in einer der ärmsten Regionen der Welt Lebensgrundlagen und Existenzen. Viele Menschen sind gezwungen ihre Häuser temporär zu verlassen. Einige gehen für immer und ziehen in urbane Gebiete wie die Hauptstadt Dhaka, wo sie dann meist nur in den Slums eine neue Heimat finden. Sobald das Wasser abläuft kursiert die Angst vor Krankheiten. Shehab Sumon, Journalist aus Dhaka, Bangladesch, weiß, dass viele Menschen durch dreckiges Wasser an Durchfall, Cholera und Typhus erkranken. Ein großer Ausbruch ist laut DRK aber ausgeblieben. Anders als in den Medien oft dargestellt gibt es Unterstützung durch den Staat. Auch NGOs können mit finanziellen Hilfen die Bevölkerung unterstützen. Entgegen der vorherrschenden Meinung herrscht ein reger Informationsfluss, der die Menschen im Vorfeld warnt, sagt Shehab Sumon. Daniel Becker, Länderreferent für Bangladesch des DRK, bestätigt, dass Bangladesch hier eine aktive Kommunikationspolitik betreibt.

Das Auswärtige Amt weigerte sich, trotz Warnung des DRKs, finanzielle Mittel bereitzustellen. Auffällig ist auch, dass bei dieser humanitären Katastrophe im Vergleich zu anderen Krisenherden, relativ wenige Hilfsorganisationen vor Ort sind.

Relevanz:

In Südasien hat der Monsun zu einer humanitären Katastrophe geführt. 41 Millionen Menschen müssen fliehen, hungern, haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser oder sind abgeschnitten vom Festland. Viele müssen tagelang auf Hilfe warten, während die eigenen Existenzen in den Fluten zerstört werden. 41 Millionen Menschen; übertragen auf Deutschland wäre die Hälfte der hiesigen Bevölkerung davon betroffen. Anders als in Deutschland trifft es in Südasien die ärmsten Regionen der Welt. Allein die tägliche Versorgung stellt die Menschen vor große Probleme. Die Folgen eines Monsuns sind für sie finanziell kaum zu stemmen. Die Aufräumarbeiten dauern voraussichtlich noch bis August 2018.

Vernachlässigung:

Der Monsun und die einhergehende humanitäre Katastrophe findet kaum Gehör in der Medienlandschaft. Die Hurrikane Harvey und Irma, die im August/September auf die USA treffen, sind dagegen stark präsent in der Berichterstattung. Eine Medienanalyse der beiden Themen zeigt bei dem Monsun in Südasien 21 Ergebnisse in der ARD- Datenbank, 10 Ergebnisse auf ZDF- Sphinx und 58.100 Treffer bei Google. Über Hurrikan Harvey und Irma finden sich detailliertere und signifikant mehr Berichte: bei der ARD 49 Ergebnisse, beim ZDF 101 Artikel und bei einer Google-Suche 11.500.000 Treffer. Das ist das Vielfache! Das Deutsche Rote Kreuz machte bereits im Juli in einer Pressemitteilung auf die kommende Katastrophe aufmerksam. Bereits zu dem Zeitpunkt war die Situation kritisch.

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Quellen:

Gespräch: Daniel Becker, Länderreferent, Flutbeauftragter, Deutsches Rotes Kreuz, 31.01.2018

 

Gespräch: Shehab Sumon, Journalist aus Dhaka, Bangladesch, 25.01.2018

 

Bericht: Deutsches Rotes Kreuz, „Emergency Plan of Action operation update“

 

Online: Thomas Ruppert, „Der indische Sommermonsun“, 30.08.2017, DWD

[https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2017/8/30.html] Wettersituation in Südasien

 

Pressemitteilung, „Bangladesch: Hilfe für 1.000 Familien vor der Katastrophe“, 12.07.2017, Deutsches Rotes Kreuz [https://www.drk.de/hilfe-weltweit/aktuelles-weltweit/meldung/bangladesch-hilfe-fuer-1000-familien-vor-der-katastrophe/]

 

Pressemitteilung, „Überschwemmungen durch Monsun in Asien“, 31.08.2017, Unicef [https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/presse/2017/monsun-ueberschwemmungen-in-asien/149082], humanitäre Situation durch den Monsun

 

Pressemittelung, „Monsun in Südasien: Schon 40 Millionen von Überschwemmungen betroffen“, 31.08.2017, Deutsches Rotes Kreuz [https://www.drk.de/presse/pressemitteilungen/meldung/monsun-in-suedasien-schon-40-millionen-von-ueberschwemmungen-betroffen/], humanitäre Situation durch den Monsun

 

ARD Datenbank, Medienanalyse

ZDF Sphinx, Medienanalyse

Google, Medienanalyse

Kommentar:

“Monsoon brings a lot of misery for the people of Bangladesh. The farmers lose their crops, Cattle breeder cannot feed the cattle since all the surrounding areas go under water, day laborer cannot go to work which ultimately shrinks their income in many cases people are compelled to leave their living houses.”

(Shehab Sumon, Journalist aus Dhaka, Bangladesch)

 

„Wenn das Wasser über die Ufer tritt, sind das nicht nur ein paar Zentimeter, sondern riesige Landstriche, da Bangladesch sehr tief liegt. Die Menschen können daher nicht so einfach an einen anderen Ort evakuiert werden.“

(Daniel Becker, Länderreferent Südasien, Flutbeauftragter, Deutsches Rotes Kreuz)