2024: Top-Thema 01

Phytosanierung: Wenn Pflanzen Schwermetalle abbauen

Abstract:

Bestimmte Pflanzen, sogenannte Hyperakkumulatoren, sind in der Lage, über ihre Wurzel Schwermetalle aufzunehmen und in ihrer Biomasse zu speichern. Das Verfahren der Phytosanierung nutzt dies, um mit Schwermetallen kontaminierte Flächen und Gegenden umweltfreundlich zu säubern. Durch Phytomining können die gespeicherten Schwermetalle sogar aus der Pflanze zurückgewonnen werden. Obwohl durch diese Verfahren die Umwelt kostengünstig gereinigt und Lebensraum wiederhergestellt werden kann, wird kaum über diesen Umweltschutz berichtet.

Sachverhalt & Richtigkeit:

Bei der Phytosanierung werden bestimmte Pflanzen, sogenannte ‚Hyperakkumulatoren‘, eingesetzt, um Böden oder Gewässer von bestimmten Schwermetallen zu befreien. Die Pflanzen nehmen die Schadstoffe über ihre Wurzel auf und lagern sie beispielsweise in Blättern oder im Spross ein. Pflanzen können in der Regel nicht auf kontaminierten Flächen überleben, da der Boden oder das Gewässer für diese toxisch ist. Hyperakkumulatoren aber haben einen effizienteren Stoffwechsel als andere Pflanzen: Weil sie über eine größere Menge von solchen Proteinen verfügen, die für die Aufnahme und Speicherung der Schwermetalle nötig sind, können sie auch auf toxischen Böden überleben und die giften Stoffe aufnehmen. Es wurden bereits mehr als 200 Arten von Hyperakkumulatoren gefunden. Die meisten davon bedürfen keiner aufwendigen Pflege. Das macht ihre Nutzung unkompliziert.

Bei der Phytosanierung werden Hyperakkumulatoren gezielt auf toxischen, schwermetallreichen Böden und Gewässer angesiedelt, um sie zu sanieren. Die Schadstoffe werden dem Boden oder dem Gewässer entzogen und in der Biomasse der Pflanzen gespeichert, ohne dass diese dabei selbst Schaden nehmen. Nach der Vegetationsperiode können die Pflanzen geerntet und regelgemäß entsorgt werden Der Ansatz lässt sich aber noch optimieren: Beim Phytomining werden die Pflanzen nicht einfach entsorgt, sondern verbrannt und die Schwermetalle aus der Asche zurückgewonnen. Obwohl die Phytosanierung per se eine kostengünstige Möglichkeit zur Sanierung von kontaminierten Flächen ist, lassen sich durch die Rückgewinnung der Schwermetalle die Kosten weiter senken.

Wissenschaftler:innen versuchen darüber hinaus die Hyperakkumulatoren durch Gentechnik zu optimieren und ihre Effektivität zu steigern. Pappeln beispielsweise konnten durch Gentechnik so verändert werden, dass sie ein erhöhtes Gehalt von Glutathion aufweisen, welches benötigt wird, um die Schwermetalle zu binden und abzulagern.

Kontaminierte Gegenden, welche etwa durch Bergbau, industrielle oder militärische Nutzung verunreinigt wurden, können so saniert und wieder nutzbar gemacht werden, die Umwelt gereinigt. Außerdem kann die Qualität von landwirtschaftlich genutzten Flächen durch Phytosanierung verbessert werden. Des Weiteren kann das Verfahren im Zuge des Umweltschutzes als präventive Maßnahme zur Erhaltung einer guten Bodenqualität eingesetzt werden, beispielsweise an stark befahrenen Straßen. Ein Beispiel für den Einsatz von Hyperakkumulatoren ist die Bepflanzung in Tschernobyl, wo nach dem Reaktorunfall Sonnenblumen mit dem Ziel, die Uranbelastung im Boden des Gebiets zu senken, gepflanzt wurden. Aus denselben Gründen kommen auch in Fukushima Sonnenblumen zum Einsatz.

Relevanz:

Durch den Bergbau und die zunehmende militärische und industrielle Nutzung von Flächen wird immer mehr Boden und Wasser verunreinigt. Dadurch wird der Lebensraum von Pflanzen und Tieren zerstört und die landwirtschaftliche Nutzung der Gebiete unmöglich. Dies belastet zunehmend die Umwelt. Durch Phytosanierung können Gebiete dekontaminiert und der Lebensraum wiederhergestellt werden. Außerdem ist es eine kostengünstige und vor allem umweltfreundliche Alternative zu anderen Sanierungsmöglichkeiten. Durch das Phytomining können zudem Schwermetalle zurückgewonnen und beispielsweise zur Herstellung von elektronischen Geräten verwendet werden. Wenn es gelingt, die Effektivität von Hyperakkumulatoren weiter zu steigern, könnten diese in der Zukunft eine große Rolle beim Schutz und der Rettung der Umwelt spielen.

Vernachlässigung:

In der Berichterstattung deutscher Medien tauchen die Themen Phytosanierung, Hyperakkumulatoren und Phytomining kaum auf. Nur vereinzelt wurde in den letzten zehn Jahren darüber berichtet. 2014 veröffentlichte das Süddeutsche Zeitung Magazin den Artikel „Gute Mine, böses Spiel“, welcher sich mit dem Phytomining auseinandersetzt. DLFnova brachte im gleichen Jahr einen Gesprächsbeitrag mit der Pflanzenphysiologin Ute Krämer. Die Deutsche Welle berichtet 2017 in einem Artikel über das Thema. Der BR-Podcast „radioWissen“ widmete dem Thema 2021 eine Folge. Im selben Jahr veröffentlichte die Frankfurter Rundschau den Artikel „Grünes Gegengift“, welcher sich mit einem Phytosanierungsprojekt in Südafrika auseinandersetzt.