INA-Jurymitglied Christian Schicha moderierte am 27. Januar 2023 im Technoseum in Mannheim eine Gesprächsrunde mit dem ARD-Vorsitzenden Kai Gniffke und der Journalistin und Autorin Ronja von Wurmb-Seibl. Unter dem Titel „bad news are good news?“ wurde über Möglichkeiten und Grenzen eines konstruktiven Journalismus diskutiert. Dabei wurde auch auf die Arbeit der Initiative Nachrichtenaufklärung e. V. hingewiesen.
Prof. Dr. Kai Gniffke, SWR-Intendant und ARD-Vorsitzender, elaboriert zu Beginn die Rolle der ARD zwischen Desinformation, Demokratie und Dialog.
Zwischen Realität und Fiktion zu unterschieden, das stellt er als eine der wichtigsten Herausforderungen der aktuellen Zeit heraus. Der Gefährdung der Demokratie durch die starke Flut an Falschinformationen müsse dringend entgegen gewirkt werden. Dessen nehme sich die ARD an und erhoffe sich durch einen Ausbau ihres Programms, auch Menschen jenseits von Fernsehen und Radio zu erreichen. Denn genau diese Inhalte, welche die Meinungsbildung maßgeblich beeinflussen, sollen der breiten Öffentlichkeit und nicht nur einem bestimmten Klientel zugänglich sein. Profitorientierte und Algorithmen gesteuerte Anbieter wie TikTok sollen nicht alleinig die Medienlandschaft dominieren. Ermöglicht werden soll das durch einen Programm-Ausbau, Technologieinvestments, Meinungsvielfalt und eine ausgedehntere Zusammenarbeit mit verschiedenen Redaktionen.
Journalistin, Filmemacherin und Autorin Ronja von Wurmb-Seibl adressierte innerhalb ihrer Kariere schon viele ‚bad news‘. Als selbstständige Journalistin reiste sie zu Recherchezwecken nach Kabul. Während ihres Aufenthaltes realisierte sie das Ausmaß der mentalen Belastung, welche die konfliktbehaftete Berichterstattung bei ihr hinterließ. Dieser Schlüsselmoment veranlasste sie, im Sinne des konstruktiven Journalismus neben der Beschreibungen von Problemen auch Lösungsvorschläge anzubieten. Denn problembehaftete Nachrichten könnten auch für Zuschauer*innen negative psychischen Folgen haben und sogar zu sinkender Apathie und Medienkonsum, oder dem Rückzug von gesellschaftlichem Engagement führen.
Einen Grund für die Dominanz negativer Nachrichten in der Berichterstattung sieht Prof. Gniffke in der Tatsache, dass negative Ereignisse schnell und dramatisch sind, während positive sich häufig durch einen längeren Prozess auszeichnen. Jahrestage könnten da eine gute Möglichkeit sein, medial auf positive Entwicklungen aufmerksam zu machen. Eine statistische Einordnung der Nachrichten stellt für Wurmb-Seibl eine gute Strategie dar, Probleme zu adressieren und gleichzeitig positive Entwicklungen hervorzuheben. So ist die Armutsgefährdung von Kindern ein relevantes sozialpolitisches Problem, welches medial Aufmerksamkeit finden muss. Einen Hinweis auf den Trend sinkender Kinderarmut stellt für sie dabei keine Relativierung des Problems, sondern eine sachliche Einordnung dar.
Neben dieser Einordnung ist das Anbieten von Lösungen für Wurmb-Seibl entscheidend für eine gute Berichterstattung. Denn dadurch würden Hoffnung und Handlungsfähigkeit innerhalb der Bevölkerung gefördert. Darüber, inwiefern diese in eine 15-minütige Sendung passen, ließe sich streiten, ebenso darüber, ob es denn für jedes Problem einen Lösungsansatz gibt.
Die Gesprächspartner*innen sind sich einig: negative Nachrichten sind wichtig – wie sie aufbereitet werden und wie weit konstruktiver Journalismus geht, bleibt zur Diskussion.
Werbung macht Christian Schicha am Ende der Podiumsdiskussion für die INA, denn „das ist [ihm zufolge] eine wichtige Initiative [, die nach] vernachlässigten Nachrichtenthemen und Nachrichten sucht“.
„Günter Wallraff ist dabei […] [und auch der] […] Deutschlandfunk […], der uns da unterstützt und einen Preis auslobt, wo es genau um die Unterstützung von Menschen geht, die heute nicht auf diesem Podium sitzen“, konstatiert Schicha.
Hier können Sie sich die Gesprächsrunde in voller Länge ansehen.
(Hiba Hamadache)
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