2025: Top-Thema 07

Deutlich weniger tödliche Arbeitsunfälle

Abstract:

Die Zahl tödlicher Arbeitsunfälle in Deutschland ist in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen und hat 2023 ein Allzeittief erreicht. Verbesserte Arbeitsschutzmaßnahmen und die Zunahme von Home-Office-Arbeit haben wesentlich dazu beigetragen, das Unfallrisiko zu senken. Wenngleich in Branchen wie dem Baugewerbe und der Forstwirtschaft tödliche Unfälle nach wie vor geschehen, zeigen auch hier der Einsatz von Sicherheitsausrüstung und Schulungen Erfolge. Themen aus der Arbeitswelt erhalten in den Medien insgesamt wenig Raum, obwohl diese ein so wichtiger Bestandteil des Lebens ist. Hier ist mal eine positive Nachricht, die aber medial kaum Beachtung findet.

Sachverhalt & Richtigkeit:

Im Jahr 2023 sind nach Angaben der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) bundesweit 381 Menschen bei der Arbeit tödlich verunglückt. Das waren 42 weniger als ein Jahr zuvor. Damit sind die tödlichen Arbeitsunfälle binnen eines Jahres um 9,9 Prozent zurückgegangen. Im längerfristigen Trend zeigt  sich eine noch deutlichere Abnahme: Im Jahr 2010 waren in Deutschland noch 519 Menschen bei der Arbeit tödlich verunglückt. 

Insgesamt hatten im Jahr 2023 mehr als 783.000 Beschäftigte einen Unfall bei der Arbeit, nach dem sie mehr als drei Tage krankgeschrieben waren. Auch diese Zahl ging im Vergleich zum Vorjahr zurück, allerdings nur leicht (-0,5%). In rund 10.300 Fällen waren es schwere Arbeitsunfälle. In der Statistik der Unfallversicherung bedeutet das, dass die betroffene Person eine Rente bekommen musste oder dass sie verstorben ist. Wenn man die Coronajahre nicht berücksichtigt, hat die Gesamtzahl der Arbeitsunfälle damit nach Angaben der DGUV ein Allzeittief erreicht.

Der Hauptgeschäftsführer der DGUV, Stefan Hussy, sieht darin eine „sehr gute Nachricht“. Allerdings zeigten die Zahlen auch, dass noch weitere Anstrengungen nötig seien, um die „Vision Zero“ zu erreichen, also das Ziel, tödliche Arbeitsunfälle vollständig zu vermeiden. 

Nach wie vor besonders stark gefährdet sind Beschäftigte auf dem Bau. 2023 verunglückten in der Bauindustrie 76 Menschen tödlich. Ebenfalls ein hohes Risiko haben Beschäftigte in der Metallindustrie sowie Lkw- und Busfahrer. 

Eine von der INA befragte Expertin erläutert, der insgesamt deutliche Rückgang der Unfälle spiegele Erfolge im Arbeitsschutz wider, die auf  technologische Innovationen, gesetzliche Maßnahmen und verstärktes Sicherheitsbewusstsein  zurückzuführen seien. Ein zentraler Faktor sei die Automatisierung von Arbeitsschritten, beispielsweise in der Chemieindustrie, erklärt Birgit Schmidt-Becker, technische Dezernentin bei der Bezirksregierung Köln. Das manuelle Eingreifen könne dadurch auf wenige Arbeitsschritte begrenzt werden und damit sinke das Unfallrisiko. Ähnliches gelte für die Autoindustrie.

Andere Branchen wie etwa die Bauindustrie haben diese Option der Automatisierung nicht. Dort könnten Fortschritte vor allem durch ein stärkeres Sicherheitsbewusstsein erzielt werden. Dafür seien Schulungen und andere präventive Maßnahmen notwendig. Die Expertin verweist auf die sogenannte Bradley-Kurve: Sie zeigt, wie wichtig es für die Sicherheit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist, dass in einer Firma der Arbeitsschutz einen hohen Stellenwert hat und auf allen Ebenen ernst genommen wird. 

Relevanz:

In Deutschland sind über 40 Millionen Menschen berufstätig. Je nach Beruf und Arbeitsstätte haben sie ein unterschiedlich hohes Unfallrisiko. Arbeitsschutz ist für alle wichtig, besonders aber in stärker gefährdeten Branchen wie der Bauwirtschaft oder der verarbeitenden Industrie. Grundsätzlich geht es darum, durch geeignete Schutzmaßnahmen Gefahren für die Gesundheit und das Leben abzuwenden. Branchen und Betriebe, die weiterhin hohe Unfallzahlen haben, können von Erfolgen in anderen Bereichen lernen. Voraussetzung dafür ist, dass die unterschiedlichen Risiken und Schutzstrategien bekannt sind und man sich damit auseinandersetzt. Auch für den Wirtschaftsstandort Deutschland ist das Thema Arbeitsschutz von Bedeutung. 

Vernachlässigung:

Das Allzeittief bei Arbeitsunfällen in Deutschland ist eine positive Nachricht mit hoher Relevanz für sehr viele Menschen. Dennoch wurde dieses Thema in der breiten Medienberichterstattung kaum behandelt. Eine Ausnahme bilden Fachzeitschriften wie das Ärzteblatt. Über einzelne, schwerwiegende Arbeitsunfälle wird dagegen häufig größer berichtet. Diese individuellen Schicksale stoßen verständlicherweise auf großes Interesse, während aber die längerfristigen Erfolge und Statistiken kaum beachtet werden. Das entspricht ganz dem Muster, dass schlechte Nachrichten mehr Aufmerksamkeit erhalten als positive Neuigkeiten. Zugleich zeigt sich auch am Beispiel des Arbeitsschutzes, dass langfristige Entwicklungen im Vergleich zu plötzlichen Ereignissen von den Medien vernachlässigt werden. 

Die unzureichende Berichterstattung zu diesem relevanten Thema ist bedauerlich, nicht zuletzt weil ein stärkeres Sicherheitsbewusstsein und mehr Wissen über Arbeitsschutz auch dazu beitragen könnten, die immer noch hohe Zahl von Arbeitsunfällen weiter zu senken.