Vom arabischen Frühling zur digitalen Oligarchie? Was aus dem Freiheitsversprechen Internet geworden ist

Forum für Journalismuskritik (Foto: HBRS/ Omar Kabchi)

Ein Beitrag von Marc Wollersheim & Marlow Theis

Die zweite Diskussionsrunde beim „Kölner Forum Journalismuskritik 2025“ konzentrierte sich auf große digitale Plattformen, deren Macht und Geschäftsmodelle. Es wurde beklagt, dass es eine Monopolstellung weniger Tech-Unternehmen gibt. Diese Unternehmen würden bestimmen, was Menschen in den sozialen Medien angezeigt bekämen.

Der Medienwissenschaftler und Buchautor Martin Andree kritisierte, dass Akteure wie Elon Musk unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit Rassismus, Diskriminierung und Volksverhetzung förderten. Dies zerstöre die Meinungsfreiheit, da Menschen eingeschüchtert werden und sich nicht mehr äußerten. Er erklärte, „Das Internet ist eine besetzte Zone, die man befreien muss“. Als Lösungsansatz forderte Andree unter anderem, dass Tech-Unternehmen in der EU für ihre Inhalte haftbar gemacht werden sollten.

Der Musiker Sebastian Krumbiegel beklagte, dass die Würde des Menschen im Internet zunehmend mit Füßen getreten werde. Er stellte fest, dass es rechten Populisten:innen sehr gekonnt gelingt, den Diskurs zu bestimmen und damit Reichweite zu generieren. Als Beispiel nannte er: Die AfD, die bei TikTok mit Abstand die erfolgreichste Partei in Deutschland sei. Krumbiegel erinnerte an die Verantwortung jedes Einzelnen und die Bedeutung gesellschaftlichen Engagements. Zudem stellte er immer wieder die Frage, wie wir dem gemeinsam entgegentreten können.

Henning Höne von der FDP zeigte sich besorgt darüber, dass besonders jüngere Menschen Nachrichten fast ausschließlich über soziale Medien konsumieren. Dort sehen Nutzer:innen oft nur, was ihnen gefällt, nicht aber unbequeme oder widersprüchliche Inhalte, die zum Nachdenken anregen. Dies trage zur Polarisierung der Gesellschaft bei. Er betonte jedoch auch, dass das Internet nach wie vor große Chancen biete, da es noch nie so einfach gewesen sei, seine Meinung zu sagen. Höne forderte, dass die sozialen Medien nicht den Rechtsaußen überlassen werden dürften. Er warb vor allem für eine Zerschlagung der Monopole. Zudem müsse die Justiz besser ausgestattet werden, um Internetstraftaten konsequent ahnden zu können und wies auf den Digital Services Act hin.

Die Grünen-Politikerin und Rechtsanwältin Renate Künast sprach von einer „Zeitenwende“ in der öffentlichen Meinungsbildung. Sie hob hervor, dass für soziale Medien nicht die gleichen Regeln gälten wie für Journalisten:innen. Künast stellte klar, dass zwar jeder seine Meinung frei äußern dürfe, aber Aufrufe zu Gewalt oder Beleidigungen nicht von dieser Freiheit gedeckt seien, auch nicht im Internet. Angesichts eigener Erfahrungen mit Online-Hass forderte sie einen „gesamten Instrumentenkasten“ an Maßnahmen. Dazu gehöre auch, die Medienkompetenz von jungen Menschen in der Schule zu stärken. Andernfalls drohe eine verlorene Generation. Sie schlug zudem die Entwicklung einer eigenen digitalen Plattform in der EU vor.

Die Diskussion, die vom Moderator Christoph Schäfer eröffnet wurde, behandelte Lösungsansätze, wobei die Forderungen nach Haftbarkeit von Tech-Unternehmen, Zerschlagung von Monopolen, Stärkung der Justiz, Medienkompetenz und einer EU-Plattform im Vordergrund standen. Im Anschluss wurden Publikumsfragen beantwortet, die zum großen Teil die Planlosigkeit und Umsetzbarkeit kritisierten.

Zum Abschluss untermauerte Sebastian Krumbiegel seine Plädoyers musikalisch mit seinem Lied „Die Demokratie ist weiblich“.

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