2009: Top 10

Gefährlicher Müll beim Bauen und Sanieren

Auch nach dem Verbot von Baustoffen wie dem krebserregenden Asbest werden in Deutschland noch Materialien verwendet, die für Mensch und Umwelt problematisch sind. Dazu gehören Chemikalien in Wand- und Bodenbeschichtungen, die Allergien auslösen können. Dabei gibt es für so gut wie alle Materialien eine ökologische Alternative, künstliche Dämmstoffe wie Styropor ließen sich durch Naturstoffe wie Flachs, Hanf oder Wolle ersetzen. Dass die breit thematisierte Wärmedämmung mit der Entsorgung dieser Materialien belastet ist, wird allenfalls in Fachmedien und Sonderbeilagen aufgegriffen.

Sachverhalt & Richtigkeit

Neubau und Sanierung verursachen jährlich große Mengen an nicht recyclebarem Abfall. Gleichzeitig werden für die Herstellung von Dämmstoffen aus Kunststoff, wie dem häufig verwendeten Polysterol, fossile Ressourcen wie Erdöl gebraucht. So sagte etwa Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU) bei der Eröffnung der Baumesse Deubau im Januar 2010, dass 50 Prozent aller der Natur entnommenen Rohstoffe durch das Bauen verbraucht würden. Mehr als 60 Prozent aller Abfallmassen kämen aus dem Gebäudesektor.

Auch heutzutage sind noch viele Stoffe im Einsatz, darunter etwa Holzschutzmittel oder Lösemittel in Farben, welche Allergien und gesundheitliche Beschwerden wie Atemwegserkrankungen, Kopfschmerzen und Übelkeit auslösen können. Dies zeigen unter anderen Publikationen des Umweltbundesamtes und des Kompetenzzentrums Bauen mit Nachwachsenden Rohstoffen (KNR).

Dabei gibt es für so gut wie alle Materialien eine ökologische Alternative. So lassen sich künstliche Dämmstoffe beispielsweise durch Naturstoffe wie Flachs, Hanf oder Schafwolle ersetzen. Nachwachsende Rohstoffe können, wenn sie sortenrein verbaut werden, entweder wieder verwendet oder problemlos kompostiert werden. Sie werden allerdings deutlich weniger verwendet, denn ihre Vorteile und Anwendungsverfahren sind öffentlich kaum bekannt.

Relevanz

Allein im Jahr 2009 wurden von Januar bis September laut Statistischem Bundesamt in Deutschland Baumaßnahmen an rund 129.000 Wohn- und Nichtwohngebäuden vorgenommen, darunter waren rund 114.200 Neubauten. Dies waren 3,1 Prozent weniger genehmigte Wohnungen als im Jahr zuvor. Gewichtiger als die Zahl der Neubauten ist die der Sanierungen: Das Bundesministerium für Bau geht von einer jährlichen Sanierungsquote von 3 Prozent aus. Bei einem Wohnungsbestand von etwa 40 Millionen Wohnungen entspräche dies pro Jahr mehr als einer Million Sanierungen (Gebäude wie Büros nicht eingerechnet).

Die bei den Neubauten und Sanierungen verwendeten Baumaterialien verbrauchen wichtige Ressourcen und bereiten nachfolgenden Generationen große Probleme mit der Entsorgung.

Vernachlässigung

Berichtet wird in den Massenmedien in der Regel über energieeffiziente Bau- und Sanierungsmaßnahmen. Mit dem Thema Entsorgung und Nachhaltigkeit von Materialien bei Sanierungen und Neubauten setzt sich in der Regel nur die Fachpresse in vereinzelten Berichten auseinander. Ab und an finden sich Beiträge in Spezial-Beilagen von Tageszeitungen, die allerdings nicht von vielen Lesern wahrgenommen werden.

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Quellen

Pia Grund-Ludwig, Journalistin, betreibt ein Online-Portal zum energieeffizienten Bauen und Sanieren, www.enbausa.de, Gespräch und E-Mail-Wechsel am 11. und 18.12.2009 und 12.1.2010

René Bornkessel, Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR), Beratung Bauen & Wohnen, Gespräch am 12.1.2009

Die FNR ist ein gemeinnütziger eingetragener Verein mit dem laut Satzung vorgesehenen Zweck, einen nachhaltigen Beitrag für die Entwicklung und den Einsatz nachwachsender Rohstoffe zu leisten.

Joachim Weise, Baubiologie Regional, http://www.baubiologie-regional.de/, Gespräch am 10.1.2010

Sirka Eggers, Architektin, Gespräch und E-Mail-Wechsel am 14.1.2010:

Vera Moosmayer, Sprecherin Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, E-Mail-Wechsel am 20.1.2010

Zeitschrift bba Bau – Beratung – Architektur, Heft 4/2009, Fachartikel zum Thema „Dämmstoffe“

Statistisches Bundesamt Deutschland: „3,1% weniger genehmigte Wohnungen von Januar bis September 2009“, Pressemitteilung Nr. 439 vom 19.11.2009, http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Presse/pm/2009/11/PD09__439__31111,templateId=renderPrint.psml

Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie: Nationaler Energieeffizienz-Aktionsplan (EEAP) der Bundesrepublik Deutschland, 11/2007,

http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/Publikationen/nationaler-enerieeffizienzplan,property=pdf,bereich=bmwi,sprache=de,rwb=true.pdf

Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: „Bundesbauminister Ramsauer eröffnet die DEUBAU in Essen“. Pressemitteilung 12.1.2010, www.bmvbs.de/-,302.1116222/doc.htm

KNR – Kompetenzzentrum Bauen mit Nachwachsenden Rohstoffen, Handwerkskammer Bildungszentrum Münster: Schadstoffe in Gebäuden – Sanierung und Vermeidung, 2007

Umweltbundesamt, Publikationen zum Thema Innenraumhygiene/Wohnen,

www.umweltbundesamt.de/gesundheit/publikationen/index.htm

Umweltbundesamt: Bereitstellung einer Datenbank zum Vorkommen von flüchtigen organischen Verbindungen in der Raumluft, 2008, www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/3637.pdf

Kommentare

Pia Grund-Ludwig, Journalistin:

„In Zukunft ist aus meiner Sicht das größte Problem die Entsorgung der heutigen Dämm-Materialien.“

René Bornkessel, Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.:

„Die Verwendung von natürlichen Dämmstoffen wie Hanf, Naturfarben für die Wände oder selbst wenn ich mir einen geölten Holzfußboden legen lasse – das alles geschieht aus reiner Überzeugung und die Mehrkosten muss ich aus eigener Tasche zahlen. Es gibt in der Tagespresse mal den einen oder anderen Artikel über Sanierungsmaßnahmen in einer Sonderbeilage. Aber in der Regel geht es dann um Themen wie ‚Wie kann ich mein Bad schöner machen’.“

Sirka Eggers, Architektin:

„Die Frage, ob das Thema zu kurz kommt würde ich mit ja beantworten, und zwar auch in der Fachliteratur.“

Update am 12.2.2010