2007: Top 6

Die Schweiz beschließt neue Atomkraftwerke

Der Schweizer Bundesrat setzt auch für die nächsten Jahrzehnte bei der Energieversorgung vor allem auf Atomkraft. Alte Atomkraftwerke sollen erneuert werden, sogar Neubauten sind im Gespräch. Obwohl seit der weltweiten Klimadebatte auch in Deutschland wieder über Atomkraft diskutiert wird, findet die Grundsatzentscheidung unseres Nachbarlandes in den deutschen Medien kaum statt.


Sachverhalt & Richtigkeit

Im Jahr 2020 und 2035 müssen mehrere Kernkraftwerke in der Schweiz stillgelegt werden, weil sie überaltert sind oder die Lizenzen auslaufen. Die Energieversorgung der Schweiz stammt fast zu gleichen Teilen aus Kernkraft (60 Prozent) und Wasserkraft (40 Prozent). Fossile Brennstoffe spielen in der Energieversorgung nur eine Nebenrolle.

Die Sonnenenergie fristet in der Schweiz ein Schattendasein. Die Versorgung mit Photovoltaik-Anlagen im privaten Bereich ist, anders als in Deutschland, kaum vorhanden. Der Importanteil an Energie ist sehr gering. Die Eigenversorgung beträgt ca. 95 Prozent.

Das Schweizer Ministerium für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) und die Atomkraftlobby in der Schweiz propagieren die Idee der Energielücke. Diese Versorgungslücke drohe, wenn die Atomkraftwerke abgeschaltet würden. In der Medienmitteilung des UVEK vom 21.2.2007 heißt es deshalb: „Als Übergangslösung sollen Gaskombikraftwerke gebaut werden, die ihren CO2-Ausstoß vollständig kompensieren müssen. Die bestehenden Kernkraftwerke sollen ersetzt oder durch Neubauten ergänzt werden.“

Umweltschützer wie der Einreicher Wolfgang Rehfus (SolarPeace) oder auch die deutsche Gruppe Ökologie Hannover zweifeln das Auftreten einer Energielücke an. Die Schweiz sei ab 2008 in den offenen europäischen Strommarkt integriert und könne Strom für den Übergang importieren. In der Schweiz sei es eine reine Willensentscheidung aus der Atomkraft auszusteigen. Regenerative Energien (z.B. Wasserkraft) wären dort so gut ausgebaut wie nirgend sonst.

Die Mehrheit der Schweizer Bürger ist nach wie vor gegen den Atom-Ausstieg, obwohl es viele Atomgegner gibt. Die letzten Volksentscheide zum Thema Energiepolitik fanden am 18. Mai 2003 statt. Eine Initiative, die sich „Strom ohne Atom“ nannte, hatte vorgesehen, bis 2033 alle Kernkraftwerke zu schließen. „Für längere Wartefristen“ plädierte für eine Anhebung der Wartefristen um weitere zehn Jahre und die Schließung der aktuellen Reaktoren nach einer Gesamtlaufzeit von vierzig Jahren. Beide Initiativen wurden per Volksentscheid abgelehnt. Sollte die Regierung tatsächlich ein neues Atomkraftwerk bauen wollen, wird es weitere Volksentscheide geben.

Am 1. Mai 2000 trat das CO2-Gesetz in Kraft. Es legt auch für die Schweiz verbindliche Ziele für die Reduktion des CO2-Austoßes fest. Die Atomkraft ist die CO2 ärmere Alternative. Gaskraftwerke haben im Vergleich einen höheren CO2 Ausstoß.


Relevanz

Der mögliche Ausbau der Atomkraft in der Schweiz könnte richtungsweisend für die Entwicklung der Energiepolitik sein- insbesondere für Deutschland als direktes Nachbarland, aber auch für das restliche Europa. Der Klimawandel bringt die Energiepolitik in ein Dilemma: Kernkraft spart CO2, ist aber, ob der gefährlichen Brennstoffe, mit einem hohen Risiko verbunden.

Fossile Brennstoffe sind nicht radioaktiv, schädigen die Umwelt aber durch CO2, wenn sie für die Energieproduktion verwandt werden. Alternative Energieformen sind in der Schweiz zu wenig ausgebaut, um die Energieversorgung eines ganzen Landes zu übernehmen. Die Schweiz hat durch ihre überwiegende Versorgung durch Wassekraftwerke vergleichsweise gute Chancen.

Die hohe Relevanz, die das Thema hat, zeigt sich auch in der jahrzehntelangen Diskussion in Deutschland sowie in der wiederkehrenden Berichterstattung über französische und tschechische Kernkraftwerke.