2007: Top 1

Absprachen über Terminierungsentgelte im deutschen Handynetz

Deutsche Handynutzer zahlen seit Jahren zu hohe Minutenpreise, da es zwischen den vier Netzbetreibern T-Mobile, Vodafone, O2 und E-Plus Absprachen über die Terminierungsgebühren gibt. Darunter werden die Kosten verstanden, die bei einem Anruf in ein anderes deutsches Mobilnetz entstehen. Hier lagen Verabredungen zwischen den Betreibern über ein dauerhaft hohes Niveau vor. So entsteht den Nutzern ein jährlicher Schaden, der in die Milliarden geht. Dieses Problem wurde aufgrund der intensiven Mediendebatten über zu hohe Roaminggebühren überdeckt.

Sachverhalt & Richtigkeit

Terminierungsentgelte fallen bei den Netzbetreibern für Gespräche ihrer Kunden in andere Netze an. Sie machen einen wesentlichen Teil der Preise für Gespräche vom Festnetz zum Handy oder vom Handy in ein fremdes Handynetz aus. Diese Entgelte machen zudem einen Großteil der Einnahmen der Mobilfunkgesellschaften aus, schätzungsweise 25 Prozent vom Gesamtumsatz. Dies entspräche 2004 zwischen 3,15 und 5,25 Milliarden Euro. Terminierungsentgelte sollen die Kosten der Mobilfunkbetreiber für den Netzbetrieb abdecken.

Bis August 2006 haben die vier Mobilfunkbetreiber untereinander die Höhe der Terminierungsentgelte festgelegt. Die brancheninterne Vereinbarung scheiterte in diesem Jahr aber an einem Veto der KPN-Tochter E-Plus, die auf eine größere Differenz der Terminierungsentgelte drängte. T-Mobile und Vodafone würden gegenüber E-Plus und O2 bevorteilt, weil die beiden erstgenannten länger am Markt seien und so ihre Netze günstiger betreiben könnten.

Daraufhin wurden die Terminierungsentgelte im August 2006 von der Bundesnetzagentur reguliert. Die Höhe wurde im November 2006 auf 8,8 Cent pro Minute für die beiden größeren Anbieter T-Mobile und Vodafone und 9,9 Cent pro Minute für die kleineren Anbieter festgelegt. Dagegen klagten alle vier Betreiber: E-Plus, weil das Unternehmen auf einer Spreizung von mindestens vier Cent beharrte, alle anderen Anbieter, weil die Terminierungsentgelte zu niedrig angesetzt seien.

Das Verwaltungsgericht Köln entschied in erster Instanz, dass die staatliche Preisaufsicht übertrieben sei und die Mobilfunkbetreiber ihre Preise wieder untereinander festlegen könnten.

Bis zum Veto von E-Plus gegen die brancheninterne Vereinbarung sind illegale Absprachen der vier Mobilfunkbetreiber über Terminierungsentgelte, die höher sind als sie es sein müssten, um den Netzbetrieb zu sichern, zwar wahrscheinlich, aber nicht zu beweisen.

Der Chef der KPN-Mobilfunksparte (E-Plus), Stan Miller, hat aber laut einer dpa-AFX-Meldung vom 15.2.2007 genau solche Absprachen zugegeben: „In Deutschland habe es eine Absprache innerhalb der Branche gegeben, die Terminierungsentgelte auf hohem Niveau zu halten, sagte Miller.

Der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, habe dies geduldet. KPN habe dies indes nicht akzeptiert und sei daher für eine Festlegung dieser so genannten Terminierungsentgelte durch den Regulierer, sagte Miller.“ (dpa-AFX-Meldung vom 15.2.2007)

Relevanz

* Laut Statistischem Bundesamt gab es 2006 48,7 Millionen Handys in deutschen Haushalten, das heißt ein Großteil der Deutschen hat ein Handy. Aber auch schon 2000 waren dem Statistischen Bundesamt zufolge 12,2 Millionen Handys in deutschen Haushalten zu finden.

* Sehr viele Deutsche haben also jahrelang zu hohe Handygebühren bezahlt.

* Die Höhe der zu viel gezahlten Gebühren ist kaum abzuschätzen. Geht man davon aus, dass die Terminierungsentgelte den Betreibern im Jahr 2004 zwischen 3,15 und 5,25 Milliarden Euro einbrachten und die Kunden davon schätzungsweise die Hälfte zu viel bezahlten, ergibt sich allein für dieses Jahr ein Schaden zwischen 1,6 und 2,6 Milliarden Euro. Berechnet man dies für fünf Jahre, haben die Kunden zwischen 8 und 13 Milliarden Euro zu viel bezahlt.