Öl-Konzern hintertreibt Klimaschutzpolitik
Laut Greenpeace bildet sich in Brüssel ein „Anti-Kyoto-Zirkel“, der das Ziel verfolgt, das bis 2012 gültige Kyoto-Abkommen auszuhebeln und für die Zeit ab 2012 weniger restriktive Abkommen zu treffen. Auch deutsche Firmen sollen zur Mitarbeit aufgefordert worden sein. Dieses Wissen hat Greenpeace nach eigenen Angaben aus einem internen Papier, das der Organisation im Dezember 2005 zugespielt wurde. Dieses Dokument soll von Chris Horner stammen, einem amerikanischem Anwalt und Berater, der unter anderem in den USA für das Competitive Enterprise Institute arbeitet. Das CEI wird unterstützt von EXXON Mobile (Esso).
Sachverhalt & Richtigkeit
Das Dokument von Chris Horner liegt der Initiative Nachrichtenaufklärung vor und trägt den Titel: „The post-climate 2012 change debate. Reality check and course of action.“
Auf 13 Seiten beschreibt Horner die Bildung einer „European sound climate policy coalition“ in Brüssel. „A coalition adressing the practical economic and social impacts of the EU climate agenda must be broad-based (cross-industry) and rooted in the member states. Other companies (incl. Vattenfall, Endesa, Lufthansa, Exxon und Ford) have already indicated their interest”, heißt es in dem Dokument, das einer Power-Point-Präsentation ähnelt und mit Randnotizen versehen ist. Die Präsentation richtet sich an die RWE.
In einem Artikel der Deutschen Welle vom 9.12.2005 („Wirbel um Aktion der US-Öllobby gegen Kyoto“) dementiert RWE jede Zusammenarbeit mit Horner. Besonders der Konzern Exxon Mobile scheint in der Lobbyarbeit eine wichtige Rolle zu spielen.
Der Kölner Verein „LobbyControl“ vergab im Jahr 2006 den „EU Worst Lobby Award“ an den Konzern. Zusammen mit anderen NGOs ließ LobbyControl über die Verleihung im Internet abstimmen. Allein die Vergabe dieses Preises bekräftigt die Annahme, dass Lobbyarbeit gegen Kyoto in Brüssel existiert.
Mit Vorlage des Dokuments von Chris Horner liegt der Initiative Nachrichtenaufklärung ein wichtiger Hinweis vor. Die Verbindung zu deutschen Firmen herzustellen erweist sich als schwierig. Einzig der Artikel von Rafael Heiling von der Deutschen Welle liefert Statements. Vattenfall und Lufthansa dementieren demnach auch jede Zusammenarbeit. Chris Horner bezeichnet in diesem Artikel seine Bemühungen als fruchtlos, er hätte zudem unabhängig vom CEI gehandelt.
Relevanz
Die Durchführung des Kyoto-Protokolls stellt eine wichtige Veränderung und Regelung der Klimaschutzbedingungen dar. Wenn es Lobbyisten aus der Privatwirtschaft gelingen sollte, Einfluss auf seine Durchführung zu erlangen, wird somit die Wirksamkeit der Europa-Politik, aber auch der Politik an sich in Frage gestellt.
Ob und wie Lobbyisten Einfluss auf die Gesetzgebung und deren Durchführung nehmen ist für jeden Bürger in der EU von höchstem Interesse. Bei dem von Chris Horner unternommen Versuch handelt es sich um eine besondere Form der Lobbyarbeit. Die zu gründende Allianz soll gezielt im Verborgenen agieren und sabotieren.
Ein Indiz dafür ist, dass sich sowohl Horner selbst, als auch die angesprochenen Firmen nach ungewollter Veröffentlichung stark von dieser Idee distanzieren. Eine aufklärende Berichterstattung ist wichtig und nötig. Ob sich eine Anti-Kyoto-Allianz in Brüssel bildet, ist nur mit intensiven Recherchen nach zu vollziehen. Allein der Hinweis darauf ist aber berichtenswert.
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