2005: Top 8

EU-Chaos beim digitalen Fahrtenschreiber

Nach 20-jähriger Entwicklung ist der digitale Fahrtenschreiber für Lkw auf dem Weg. Das Gerät soll die alte Papierscheibe ablösen. Ab Mai 2006 wird er in den EU-Ländern für alle Neufahrzeuge über 3,5 Tonnen zur Pflicht. In Deutschland gilt die Pflicht schon seit August 2005. Dabei hatten die EU-Gremien die Einführung schon seit 2004 geplant und zweimal verschoben. Zwar existieren On-Board-Units in ausreichender Zahl, doch wie die Überwachung EU-weit funktionieren soll, ist noch immer unklar. Denn in den Mitgliedsstaaten können noch immer nicht ausreichend Kontrollgeräte produziert werden, um Neufahrzeuge mit digitalen Fahrtenschreibern zu überprüfen. Die Folge: Viele übermüdete Lkw-Fahrer manipulieren ihre alten Geräte und gefährden Autofahrer.

Sachverhalt & Richtigkeit

Der Digitale Fahrtenschreiber sollte ursprünglich ab dem 5. August 2005 EU-weit verpflichtend bei allen LKW ab 3,5 Tonnen eingebaut werden. Dasselbe gilt für Busse. Mit dem Gerät lassen sich die Lenkzeiten der LKW-Fahrer schwerer manipulieren, aber besser kontrollieren und dokumentieren, als dies bisher mit den analogen Tacho-Scheiben möglich war. Die Einführung ist jetzt von der EU-Kommission zunächst in der Bundesrepublik vorgesehen, und das, obwohl das EU-Parlament sich für eine weitere Verschiebung einsetzte.

Nach Angabe des Verkehrsgewerbe-Verbands verhandeln die europäischen Verkehrsminister derzeit (Sommer 2005) nach, denn eine EU weite Regelung existiert noch nicht. Nur in vier der 25 Mitgliedsländer gibt es eine gesetzliche Grundlage. Trotzdem besteht die EU-Kommission auf der Einführung zum Stichtag 05.08.2005. Experte und Verbandsgeschäftsführer Kösters zufolge gibt die Bundesregierung die Maxime vor, freiwillig den digitalen Tachographen einzuführen. Die geplante Einführung ab dem 05.08.2005 sollte seiner Meinung nach verschoben werden. Der Hersteller der Geräte, VDO Siemens, habe seine Hausaufgaben gemacht, es gebe ausreichend viele Geräte.

Relevanz

Das Thema ist sehr relevant, weil mit der Einführung des Digitalen Fahrtenschreibers alle Manipulationsmöglichkeiten wie etwa das Vernichten der Tacho-Scheibe wegfallen. Experten des Kraftfahrtbundesamtes gehen davon aus, dass die Gefährdung von Pkw-Fahrern durch LKW mit der Digitalisierung deutlich minimiert würde. Seit dieser Erkenntnis sind jedoch bereits rund 20 Jahre vergangen, ohne dass die neue Technik eingesetzt wurde.

Vernachlässigung

Es gibt Artikel in Fachpublikationen, die sich mit dem Einführungsdatum beschäftigen. Dies geschieht eher in einer Ratgeber-Funktion. In der bundesweiten Presse existieren kaum Artikel zum Thema. Einzig der Bonner General Anzeiger und die Stuttgarter Zeitung haben das Thema behandelt. Das Interesse der Stuttgarter Zeitung erklärt sich daraus, dass der Digitale Fahrtenschreiber zunächst in Baden-Württemberg verpflichtend wird. Darüber hinaus gab es einen DPA-Bericht über die Firma Orga, die die Karten herstellt. Der Bericht setzt sich aber nicht mit der Problematik dieses Themenvorschlags auseinander.

Wenn es Texte zum Thema gibt, dann beschäftigen sie sich nicht mit dem Hintergrund, sondern kündigen lediglich den geplanten Start an. Eine komplette Darstellung der Problematik fehlt. Weder über die staatliche Förderung des Projektes noch über die Gefährdung der Öffentlichkeit durch manipulierbare Fahrtenschreiber wird berichtet.

Stuttgarter Zeitung vom 8.6.2005, 467 Wörter: Hintergrundbericht über die Einführung, auch über das Procedere der Überwachungs-Funktion.

Deutsche Verkehrszeitung, 26.4.2005, 304 Wörter, Inhalt: Einführung des Fahrtenschreibers wird nicht verschoben. Dies war 2004 der Fall, weil dies einige Mitgliedsländer gewünscht hatten.

DPA, 8.4.2004, 296 Wörter: längerer Hintergrundbericht über den Hersteller der Karten für das Gerät, die Firma Orga aus Paderborn.

Stuttgarter Zeitung, 12.5.2005, 159 Wörter: Baden-Württemberg ist das erste deutsche Bundesland, dass den Fahrtenschreiber schon jetzt einführt.

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Quellen

Expertengespräch mit Dr. Christoph Kösters, dem Hauptgeschäftsführer des Verbandes für das Verkehrsgewerbe in Westfalen-Lippe am 27.6.2005: 14.00 Uhr.

Die europäischen Verkehrsminister verhandeln in diesen Tagen nach, eine EU weite Regelung existiert noch nicht. Nur in 4 der 25 Mitgliedsländer gibt es eine gesetzliche Grundlage. Trotzdem besteht die EU-Kommission auf die Einführung zum Stichtag dem 05.08.2005. Seiner Aussage nach gibt die Bundesregierung die Maxime vor freiwillig den digitalen Tachographen einzuführen. Die geplante Einführung ab dem 05.08.2005 sollte seiner Meinung nach verschoben werden. Der Hersteller der Geräte, VDO Siemens, habe seine Hausaufgaben gemacht es gibt ausreichend viele Geräte.

Fund bei google, Meldung unter:

www.germnews.de/archive/gn/2004/02/22.html vom 22.02.2004.

„Nun auch Einführung digitaler LKW-Fahrtenschreiber verschoben“.

Kontaktaufnahme per E-Mail mit anonymen Ansprechpartner X, der bis vor wenigen Jahren an verantwortlicher Stelle im BMBF arbeitete. Wie stark war der Bund daran beteiligt? Gab es Fördergelder? In welcher Höhe?

Suche bei Google am 25.05.: Stichworte: Problem Digitaler Fahrtenschreiber.

Fund bei heise.de.http://www.heise.de/newsticker/meldung/print/49905. Hier werden Hintergründe erläutert. Schon 1998 hatte die EU eine Einführung beschlossen, im Text heißt es wörtlich. „Dabei zeichnete sich schon im Februar 2004 ab, dass der Termin nicht zu halten ist. Zu diesem Zeitpunkt hätten in Deutschland die Zulassungsstellen zumindest mit der Ausgabe der Fahrerkarte beginnen müssen, die in den neuen Fahrtenschreiber gesteckt sein muss. Tatsächlich erfolgte der Auftrag zur Produktion der Fahrerkarte sowie der Werkstatt-, Kontroll- und Unternehmerkarten erst Anfang Juni.

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Updates

Trotz der bundesweiten Einführung am 5.8 2005 für alle Neu-Fahrzeuge berichten bundesweite Medien nicht über das Thema. Wenn es Texte zum Thema gibt, dann beschäftigen sie sich nicht mit dem Hintergrund der Einführung. Ich habe keine komplette Darstellung der Geschichte gefunden. Seltsam, weil das BMBF die Entwicklung mit 12,88 Millionen DM förderte. Doch:

Gespräch mit dem BMBF-Pressesprecher in Berlin, Florian Frank am 07.07.2005 um 15.00 Uhr: dem zuständigen Mitarbeiter sei nichts über eine BMBF-Förderung bekannt, diese alten Daten seien noch nicht digitalisiert, ein Auffinden des Schlussberichtes würde längere Zeit dauern. Er verweist an das Verkehrsministerium. Dort verweist man zurück ans BMBF.

Der Transportunternehmer Heinz Schierhuber aus Niederösterreich, der auch stellvertretender Obmann des Fachverbandes Güterbeförderung der Wirtschaftskammer Österreich ist, sagte im Gespräch mit dem NÖ Wirtschaftspressedienst im Dezember: “Nach meinen Informationen haben zehn der 25 EU-Mitgliedsstaaten es abgelehnt, sich auf nationaler Ebene mit dem Thema digitaler Tachograph auseinanderzusetzen.”Für die heimischen Transportunternehmer bedeute das eine weitere Verschlechterung der angespannten Wettbewerbssituation. “So lange nicht alle 25 Mitgliedsstaaten an einem Strang ziehen, macht die Einführung des digitalen Tachographen keinen Sinn.”

Auf EU-Ebene wird der Digitale Fahrtenschreiber ab Mai 2006 Pflicht. Das teilte die EU-Kommission am 20. Januar 2006 in einer Pressemitteilung mit.

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