1997: Top 1

Die Demokratie der 3,8 Prozent

3,8 % – dies ist der Anteil der Personen, die, bezogen auf die wahlberechtigte Gesamtbevölkerung der Bundesrepublik Deutschland, Mitglieder in politischen Parteien sind. Das bedeutet zum einen, daß die politischen Geschicke in unserem Land von einer Minderheit, die in Parlamenten und Regierungen vertreten ist, geleitet werden (was für repräsentative Demokratien ganz normal ist). Zum anderen rekrutieren sich jedoch aus diesem schmalen Personenreservoir nicht nur die Parlamente und Regierungsmannschaften, sondern auch die Inhaber von Leitungspositionen in nahezu allen Behörden (von Arbeitsämtern, Zollverwaltungen, Fachministerien bis zu Anstalten öffentlichen Rechts).

Grad der Vernachlässigung

Relativ hoch. Zwar wird in der Tagespresse das Thema „Politikverdrossenheit“ häufiger behandelt, doch meist nur im Zusammenhang mit dem Vertrauensverlust der Politiker oder mit der wachsenden Gruppe der Nichtwähler. Selten wird das Thema auf den Bereich Mitgliederrückgang oder -stagnation bei den Parteien zugespitzt. Es gibt allerdings einige Buchveröffentlichungen zu dem Thema, u.a. „Nach dem Ende der Parteien“ von Richard Meny oder „Umbruch und Wandel in westeuropäischen Parteiensystemen“ von Winand Gellner und Hans-Joachim Veen.

Wer ist betroffen?

Die gesamte Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland.

Wer profitiert von der Nicht-Berichterstattung?

Vor allem die Politiker selbst, aber auch alle Leute, die aufgrund ihrer Parteizugehörigkeit in Leitungspositionen kommen.

Warum sollte mehr berichtet werden?

Der Einfluß von Parteien in unserem politischen System ist erheblich. Es geht hier vor allem um die fast durchgängige „Parteibuchbesetzung“ von Leitungsfunktionen, z.B. in Behörden, Aufsichtsräten, Verwaltungen oder Kommissionen.

Quellen

* Brief von Prof. Dr. Hertha Sturm vom 15.10.1997 an die Initiative Nachrichtenaufklärung

* Buch: Die politischen Parteien in Deutschland. Von Günter Olzog und Hans-J. Liese; Günter Olzog Verlag München, 1996.