Top-Themen 1997

1. Die Demokratie der 3,8 Prozent
3,8 % – dies ist der Anteil der Personen, die, bezogen auf die wahlberechtigte Gesamtbevölkerung der Bundesrepublik Deutschland, Mitglieder in politischen Parteien sind. Das bedeutet zum einen, daß die politischen Geschicke in unserem Land von einer Minderheit, die in Parlamenten und Regierungen vertreten ist, geleitet werden (was für repräsentative Demokratien ganz normal ist). Zum anderen rekrutieren sich jedoch aus diesem schmalen Personenreservoir nicht nur die Parlamente und Regierungsmannschaften, sondern auch die Inhaber von Leitungspositionen in nahezu allen Behörden (von Arbeitsämtern, Zollverwaltungen, Fachministerien bis zu Anstalten öffentlichen Rechts). Mehr…

2. Nachrichtenlose Konten aus Afrika
Korruption und Veruntreuung von Staatsgeldern und ausländischen Investitionen gelten als ein besonders wichtiger entwicklungshemmender Faktor in Afrika. Bestechung von afrikanischen Politikern und Beamten bei der Vergabe von Staatsaufträgen und bei der Bewerbung um Ölkonzessionen sind Usus. Ein besonderes Beispiel hierfür ist Nigeria. Nigerianische Guthaben auf Privatkonten bei westeuropäischen bzw. nordamerikanischen Banken sollen mehr als dreißig Milliarden Dollar betragen. In vielen Fällen sind die Inhaber dieser Guthaben (Politiker, hohe Beamte, Militärs) gestorben oder wurden bei Putschversuchen bzw. politischen Attentaten getötet. Die Staatseinkünfte werden vorwiegend für Waffen ausgegeben, obwohl der Großteil der Bevölkerung in absoluter Armut lebt. Erwirtschaftete finanzielle Mittel werden nicht mit dem Ziel reinvestiert, die marode Wirtschaft der jeweiligen Staaten anzukurbeln. Gefordert wird eine Überwachung des Einsatzes der finanziellen Mittel dieser Staaten. Mehr…

3. Schacht Konrad als Atommüllendlager
Die Schachtanlage „Konrad“ ist ein stillgelegtes Eisenerzbergwerk bei Salzgitter. Der Schacht wurde 1976 bis 1982 im Auftrag des Bundes von der Gesellschaft für Strahlen- und Umweltforschung auf seine Eignung als Endlager für radioaktive Abfälle mit geringer Wärmeentwicklung untersucht (d.h. alle möglichen Nuklearreste außer Brennelementen und Rückständen aus der Wiederaufbereitung). Nach Angaben des Bundesamtes für Strahlenschutz ist das Genehmigungsverfahren schon soweit fortgeschritten, daß der Betrieb im Jahr 2001 aufgenommen werden könnte. Die niedersächsische Umweltministerin Monika Griefahn hält das Endlager „Schacht Konrad“ für unnötig und überdimensioniert. Sie plädiert für ein einziges deutsches Endlager, das auch hochradioaktiven Atommüll aus den Kernkraftwerken aufnehmen kann (Gorleben sei dafür allerdings nicht geeignet). Die Errichtung des Endlagers „Schacht Konrad“ soll 2,4 Milliarden Mark kosten, rund 1,3 Milliarden sollen bereits verbaut worden sein.

4. Nukleare Gefahr aus dem Osten – Kola-Halbinsel
Die Kola-Halbinsel im Norden Rußlands ist eine Nuklear-Müllhalde ohne jegliche Sicherheitsvorkehrungen. Laut Aussagen des russischen Umweltschützers Eduard Gismatullin ist die Kola-Halbinsel der gefährlichste Ort Europas: mehr als 200 zum großen Teil völlig veraltete Atomreaktoren befinden sich auf einem Gebiet der Größe von Bayern und Baden-Württemberg. Zudem sind in Murmansk Atom-Eisbrecher in Aktion, und an der Küste nördlich davon ist die Nordflotte stationiert mit 84 aktiven, plus einer Zahl ausgemusterter, aber keineswegs entsorgter, atombetriebener U-Boote. Dazwischen befinden sich marode Zwischenlager, für sichere Endlager fehlt das Geld. Verklappungen und unsachgemäße Atomreaktorentsorgungen verschlimmern die Lage zusätzlich. Durch Wetter- und Meeresströmung gelangt die Radioaktivität auch in unsere „Reichweite“. Die Kola-Halbinsel ist nur 2000 km von Hamburg entfernt. Mehr…

5. Der Flachglas-Skandal
Am 23./24. September 1997 haben die Mitarbeiter des Gelsenkirchener Flachglas-Betriebs in einem selbständig organisierten Streik den Kampf um ihre Arbeitsplätze aufgenommen. Nach jahrelangem Lohnverzicht, Flexibilisierung der Arbeitszeit und weiteren Verschlechterungen, die die Mitarbeiter in Kauf nahmen, um Arbeitsplätze zu sichern, kündigte die Geschäftsleitung schließlich doch den Abbau von 300 Arbeitsplätzen an. Die Belegschaft entschied sich zur Rettung der Arbeitsplätze für einen Streik. Belegschaftsmitglied Peter Reichmann wurde einstimmig zum Streiksprecher gewählt. Die Flachglas-Geschäftsleitung reagierte sofort: Der gewählte Streiksprecher wurde von der Arbeit „freigestellt“, erhielt Hausverbot und wurde von der Polizei des Geländes verwiesen. Schließlich wurde ihm gekündigt. Mit einer Regreßforderung in Millionenhöhe für die durch den Streik entstandenen Produktionsausfälle soll Peter Reichmann persönlich haftbar gemacht werden. Mehr…

6. Das RAF-Phantom – Geheimdienstliche Terroranschläge unter dem Deckmantel der RAF?
Der sogenannten „Dritten Generation“ der RAF werden im Zeitraum von Dezember 1984 bis April 1991 elf Terroranschläge zugeschrieben. Die Echtheit der Bekennerbriefe der RAF, so Bundeskriminalamt (BKA) und Generalbundesanwaltschaft (GBA), sei über jeden Zweifel erhaben. Sie genügen dem Fahndungsapparat als ausreichendes Beweismittel zur Tatzuweisung. Ausführliche Recherchen des Autorenteams um den Journalisten Gerhard Wisnewski zeigen jedoch, daß die Beweiskraft der „echten“ Bekennerbriefe äußerst fragwürdig ist, daß diese (oftmals nur Kopien; Linotype-Schriften) vielmehr jedermann anfertigen könne. Mehr…

7. Antibiotikaresistenz durch Fleischverzehr
Zwischen der Anwendung von Antibiotika in der Tierproduktion und dem Entstehen resistenter Bakterien beim Menschen gibt es eine direkte Verbindung. Das Robert-Koch-Institut hat 1994 bei mehr als zehn Prozent der Testpersonen resistente Bakterien in Stuhlproben festgestellt. Als Wachstumshilfen sind Antibiotika mittlerweile in fast jedem Futtertrog zu finden. Bis heute gibt es in Deutschland keine exakten Angaben, wieviele Antibiotika bei der Mast eingesetzt werden. Seit April dieses Jahres ist der Einsatz von Avoparcin in der Tierproduktion weltweit verboten, eine Vielzahl anderer Antibiotika darf aber weiterhin verfüttert werden. Bereits geringste Mengen des Medikaments reichen aus, um Resistenzen auszulösen. Mehr…

8. Laserkanone für den Weltraumeinsatz
In den USA wurde eine Laserkanone entwickelt, die dazu verwendet werden kann, Satelliten und Raumfähren im Weltraum zu zerstören. Die Laserkanone wurde an einem amerikanischen Satellit erfolgreich erprobt. Damit sollte nach Angaben des Pentagon die Verwundbarkeit von US-Satelliten durch feindliche Angriffe eingeschätzt werden. Nach Ansicht von Kritikern handelt es sich jedoch um die Militarisierung des Weltraums. Mehr…

9. Ausweisung straffällig gewordener ausländischer Jugendlicher der zweiten und dritten Generation
In der Bundesrepublik lebt eine große Zahl ausländischer Jugendlicher, die teilweise bereits als Kleinkinder in die BRD gekommen sind. Sie sprechen wie selbstverständlich Deutsch und beherrschen teilweise nicht einmal mehr ihre Muttersprache. Sie sind mit dem alltäglichen Leben in der BRD vertraut und nicht mit dem in ihren jeweiligen Heimatländern. Gesetzesverstöße haben für ausländische Jugendliche ohne deutschen Paß zur Folge, daß sie aus der BRD ausgewiesen werden. Für diese jungen Menschen hat das oft verheerende Konsequenzen: Sie finden sich in ihren „Heimatländern“, denen sie juristisch zugeordnet sind, nicht zurecht. Aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse finden sie weder Freunde noch Arbeit. Außerdem haben sie keinerlei Bindung mehr an die tradierten Normen in den jeweiligen Gesellschaften ihres Vaterlandes. Andere Kultur- und Religionsausrichtungen sind die größten Barrieren bei der Integration. Mehr…

10. Rassismus beim Bundesgrenzschutz

Mit der Auflösung der innerdeutschen Grenze fiel ein wesentliches Aufgabenfeld des BGS weg. Seitdem wurden dem BGS unter anderem Aufgaben der Bahnpolizei zugeordnet. In letzter Zeit sind Fälle bekannt geworden, bei denen Menschen mit anderer Hautfarbe bzw. fremdländisch aussehende Personen von BGS-Beamten auf Bahnhöfen grundlos kontrolliert, schikaniert, festgehalten und sogar mißhandelt wurden. Es scheint so, als träten gerade bei BGS-Beamten rassistische Verhaltensweisen häufiger auf als bei der Polizei. Ein weiterer Hinweis auf rassistische Tendenzen beim BGS liegt in dem Sachverhalt, daß überdurchschnittlich viele Bundesgrenzschützer Mitglied in rechtsextremen Parteien sind bzw. als Sympathisanten dieser Parteien gelten. Mehr…