Über Nachrichtenverdrossenheit beim Kölner Forum für Journalismuskritik 2024
Ein Beitrag von Amal Saidi & Diana Heiser
Laut dem Digital News Report des Reuters Institute for the Study of Journalism, vermeidet jeder zehnte erwachsene Mediennutzer in Deutschland aktiv Nachrichten. 65 Prozent meiden Nachrichten gelegentlich und ein Drittel dieser 65 Prozent vermeidet bestimmte Themen wie den Krieg auf die Ukraine oder weniger komplexe Themen wie Sport und Prominente. Auch vor Ort wurden die Zuschauer:innen gefragt. Bei dieser kleinen Abstimmung stimmten 74 dafür ab, dass sie nicht nachrichtenmüde sind und 25 dafür, ab und zu aktiv Nachrichten zu vermeiden.
Im ersten Panel der Veranstaltung zum Thema ‚‚Macht, Medien und Menschen: Wie gelingt Kommunikation in der Krise?‘‘ waren Yasmine M’Barek, Journalistin und Podcasterin von der Zeit, Jessica Rosenthal, Bundestagsabgeordnete der SPD und Prof. Dr. Annika Sehl von der Katholischen Universität Eichstätt, eingeladen.
Der Hauptgrund für die zunehmende Nachrichtenvermeidung, sei die dominierende Berichtserstattung von negativen Ereignissen. Von wirtschaftlichen und politischen Krisen bis hin zu globalen Konflikten. Diese überwiegend negativen Nachrichten können die Bevölkerung emotional und mental überfordern.
Zudem sei es schwierig, die gesamte Bevölkerung mit Nachrichten zu erreichen. Manche Meschen hätten aufgrund ihrer persönlichen Lebenssituation nicht die Kapazitäten, um aktiv das tägliche Weltgeschehen zu verfolgen. Die Hoffnungslosigkeit überwiege, dass sich an den persönlichen Problemen ohnehin nichts ändern wird, fügte Frau M’Barek hinzu. Die junge Journalistin und Podcasterin äußert sich kritisch gegenüber der Streitkultur in der Gesellschaft und Politik. Auf die Frage des Deutschlandfunk-Redakteurs, ob wir nach so vielen Jahren der Großen Koalition und viel Einigkeit in dieser das Streiten verlernt hätten, antwortet sie: ‚‚Ich glaube, dass die Gesellschaft manchmal verlernt, dass Streiten zur Demokratie dazugehört‘‘. Lösungsorientierte Berichterstattung wäre nach Ansicht von Yasmine M’Barek und Professorin Annika Sehl ein Ansatz, um der hohen Nachrichtenvermeidung entgegenzuwirken. Dieser Ansatz würde bedeuten, die Komplexität in der Berichterstattung zu reduzieren, um beispielsweise komplexere Themen, wie Krisen allgemein verständlich zu machen. Darüber hinaus wäre es denkbar die Rolle von Journalist:innen neu zu überdenken. Sie sollten nicht nur als neutrale Vermittler agieren, sondern ebenso helfen bestimmte Positionen zu erläutern, zu kontextualisieren und einzuordnen. Hierbei ist wichtig zu betonen, dass es nicht darum geht, Meinungen vorzugeben, sondern lediglich dabei zu helfen, sich eine fundiertere eigene Meinung zu bilden.
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