Investigative Recherche: Rechts-ABC

Muss sich ein Journalist zu erkennen geben? Was müssen Behörden ihm offen legen? Wie weit darf ein Journalist gehen, um an Informationen zu kommen? Die Rechte von Journalisten sind in Deutschland durch unterschiedliche Gesetze und Urteile bestimmt.

Hier die wichtigsten Rechtsbegriffe für investigative Journalisten – von A wie Auskunftsanspruch bis Z wie Zugangsrechte. Diese können Sie auch downloaden.

Auskunftsanspruch

Staatliche Behörden sind nach den Landespressegesetzen verpflichtet, den Medien Auskünfte zu erteilen, damit diese ihre öffentliche Informationsaufgabe erfüllen können. Allerdings besteht der Anspruch nur gegenüber einer Behörde als Institution, nicht gegenüber einzelnen Beamten. Zahlreiche Ausnahmeregelungen (z.B. schwebende Verfahren, Datenschutz etc.) erschweren die Informationsbeschaffung. Private Unternehmen sind nur dann auskunftspflichtig, wenn die öffentliche Hand maßgeblichen Einfluss in dem Unternehmen ausübt (= mehrheitliche Beteiligung des Staates).

Bundesverfassungsgericht

Mit dem Spiegel-Urteil 1966 hat das Bundesverfassungsgericht die Kontrollfunktion freier Medien höchstrichterlich begründet und seitdem mehrmals bestätigt. Im Cicero-Fall 2007 hat der Erste Senat die Durchsuchung der Redaktionsräume und die Beschlagnahme von Beweismitteln als rechtswidrig verurteilt. Damit hat das Bundesverfassungsgericht die Pressefreiheit und insbesondere den Informantenschutz gestärkt, der für investigativen Journalismus unabdingbar ist.

Einsichtsrecht

Journalisten verfügen über Einsichtsrechte u.a. in das Vereins-, Güterrechts-, Muster- und Markenregister, Melde- und Handelsregister sowie das Grundbuch. Kein Einsichtsrecht besteht für das Schuldnerverzeichnis und das Strafregister. Nachweispflicht für ein berechtigtes Interesse besteht nur für die Einsicht in das Grundbuch, das erweiterte Melderegister und Ergänzungsband-Akten des Handelsregisters; in der Regel gilt journalistisches Interesse jedoch als berechtigt.

Außerdem haben Journalisten Anspruch auf Akteneinsicht gegenüber den Organen der EU, den Behörden des Bundes und einzelner Bundesländer (siehe Informationsfreiheitsgesetz, Umweltinformationsgesetz, Verbraucherinformationsgesetz).

Grundgesetz

Das Grundgesetz sichert in Artikel 5 die Meinungs- und Pressefreiheit und schützt mit dem Zensurverbot die Presse vor Eingriffen des Staates. Der Schutz der Presse bezieht sich auf den gesamten Herstellungsprozess von der Beschaffung der Information bis hin zur Verbreitung von Nachrichten und Meinungen.

Informationsfreiheit

Jeder hat das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu unterrichten. Das Grundrecht der Informationsfreiheit des Einzelnen wie auch der Presse ist in Artikel 5 Absatz 1 des Grundgesetzbuches festgeschrieben.

Seit 2006 hat durch das Informationsfreiheitsgesetz zudem jeder Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen gegenüber Behörden und Einrichtungen des Bundes, ohne dass hierfür ein besonderes Interesse begründet werden muss. Allerdings wird in der Regel eine Gebühr erhoben; etliche Einschränkungen erschweren die Recherche.

Landespressegesetze

Die Landespressegesetze erkennen die öffentliche Informations- und Kontrollaufgabe der Presse an und belegen den Informationsanspruch der Journalisten gegenüber Behörden. Zu den wichtigsten Regelungen gehören außerdem die Sorgfaltspflicht der Presse, der Impressumszwang, die Trennung von redaktionellen Inhalten und Anzeigen sowie der Anspruch auf Gegendarstellung. Die jeweiligen Pressegesetze der verschiedenen Bundesländer sind inhaltlich nahezu identisch.

Pressefreiheit

Die Pressefreiheit ist in Deutschland ein Grundrecht, das gemeinsam mit der Garantie auf Meinungsfreiheit verfassungsrechtlich in Artikel 5 des Grundgesetzbuches verankert ist. Darin heißt es: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“

Das Bundesverfassungsgericht hat im Spiegel-Urteil 1966 eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte, keiner Zensur unterworfene Presse als Wesenselement eines freiheitlichen Staates bezeichnet.

Recherchefreiheit

Das Recht auf Recherche ist in Deutschland mit der Presse-, Rundfunk- und Filmfreiheit durch Artikel 5 GG geschützt. Begründet wird die Recherchefreiheit mit der öffentlichen Aufgabe der Medien, die Gesellschaft mit allgemein relevanten Informationen zu versorgen und damit Meinungsbildung zu ermöglichen. Recherchefreiheit umfasst alle medienspezifischen Formen der Informationsbeschaffung. Ihre Grenzen liegen dort, wo berechtigte Interessen Einzelner oder der Allgemeinheit überwiegen.

Schutzwürdige Interessen

Die Recherche- und Berichterstattungsfreiheit der Presse wird begrenzt durch Vorschriften der allgemeinen Gesetze, der gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der Jugend und das Recht der persönlichen Ehre. Schutzwürdige berechtigte Interessen können dem Recht auf Recherche entgegenstehen. Dazu zählen Individualinteressen wie Ehrenschutz, Persönlichkeitsschutz, Unternehmensschutz, Abbildungsschutz, Schutz gegen die Prangerwirkung von Kriminalberichten und Schutz des geistigen Eigentums sowie Gemeinschaftsinteressen wie der Schutz des Friedens und der öffentlichen Sicherheit. Im Prozess der Recherche und bei der Verbreitung gewonnener Informationen müssen Journalisten demnach immer zwischen dem öffentlichem Informationsinteresse und den schutzwürdigen Interessen Einzelner bzw. der Allgemeinheit abwägen.

Umweltinformationsgesetz

Seit 1994 gewährt das Umweltinformationsgesetz Akteneinsicht für umweltrelevante Informationen in allen Behörden des Bundes und der Länder, die Aufgaben des Umweltschutzes wahrnehmen. Grundsätzlich bezieht sich das UIG auf alle Daten über den Zustand von Umweltbestandteilen wie beispielsweise Luft und Atmosphäre, Artenvielfalt oder gentechnisch veränderte Organismen, aber auch Strahlung, Lärm und Emissionen.

Verbraucherinformationsgesetz

Das Verbraucherinformationsgesetz (VIG) räumt Bürgern und damit auch Journalisten seit 2008 mehr Auskunftsrechte gegenüber Behörden für Informationen über Lebensmittel, Textilien, Kosmetika, Spielzeug und Reinigungsmittel ein. Nach alter Rechtslage mussten Behörden nur im Falle akuter Gesundheitsgefahr Informationen preisgeben. Verbraucher erhalten jetzt auf schriftlichen Antrag und gegen Gebühren bis zu 250 Euro die angeforderten Informationen. Nach wie vor sind Behörden jedoch nicht verpflichtet, allgemeine Daten von sich aus zu veröffentlichen.

Verdeckte Recherche

Verdeckte Recherche liegt vor, wenn ein Journalist nicht offen legt, dass er Informationen zu Publikationszwecken sammelt. Laut Artikel 4 des Pressekodex des Deutschen Presserats ist verdeckte Recherche nur dann gerechtfertigt, wenn damit Informationen von besonderem Interesse beschafft werden, die auf andere Weise nicht zugänglich sind.

Im Einzelfall ist die Stärke des öffentlichen Informationsinteresses abzuwägen gegen die Intensität der Missachtung schutzwürdiger Interessen. Die Verbreitung rechtswidrig erlangter Informationen kann also zulässig sein, wenn an ihrer Bekanntgabe ein besonders hohes öffentliches Informationsinteresse besteht. Darüber hinaus gibt es keine allgemeine Rechtspflicht, sich beim Sammeln von Informationen als Journalist zu erkennen zu geben.

Zugangsrecht

Journalisten haben generell Zutrittsrecht zu öffentlichen Versammlungen, womit Veranstaltungen gemeint sind, bei denen Menschen zu einem gemeinsamen Zweck zusammenkommen und der Teilnehmerkreis nicht auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt ist.

Das EU-Recht auf Kurzberichterstattung bestimmt zudem, dass jeder Sender in Bild und Ton in Form einer Nachricht über öffentliche Ereignisse berichten darf, die von allgemeinem Informationsinteresse sind. Die Recherchefreiheit gibt Journalisten jedoch nicht das Recht, ohne Erlaubnis fremde Grundstücke zu betreten und damit Hausfriedensbruch zu begehen, selbst wenn es um die Gewinnung wichtiger Informationen geht. In den meisten Fällen überwiegt das Hausrecht des Eigentümers.

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