2003: Top 1

Korruption: Deutsche Unternehmen schmieren im Ausland

Deutsche Unternehmen bestechen Auftraggeber im Ausland. So berichtete etwa die ghanaische Zeitung „Accra Mail“, dass Daimler-Chrysler Offiziere der ghanaischen Streitkräfte bestochen habe. In der Folge tauschte die ghanaische Regierung nicht nur den militärischen Kontaktpartner zu Daimler-Chrysler, sondern auch die gesamte Militärführung aus. Deutschland steht auf Platz 16 des Korruptionswahrnehmungs-Index von Transparency International. Die OECD fordert von Deutschland, wirksamer gegen die Bestechung ausländischer Amtsträger durch deutsche Firmen vorzugehen. Noch immer gibt es kein bundesweites Zentralregister auffälliger Unternehmen und keine rechtliche Absicherung von Informanten.

Sachverhalt & Richtigkeit

Ein Beispiel für die Korruption deutscher Unternehmen im Ausland ist ein Bericht in der ghanaischen Zeitung Accra Mail über die aktive Bestechung von Offizieren der ghanaischen Streitkräfte durch Daimler-Chrysler, um einen Auftrag zur Lieferung von Fahrzeugen für die Armee zu erhalten. Der Bericht enthält namentliche Anschuldigungen und geht detailgenau auf Verbindungen und Zusammenhänge ein. Er stützt sich auf ein anonymes Schreiben.

Die Veröffentlichung zog Konsequenzen nach sich: Den Austausch der gesamten Militärführung und den Rücktritt von Brigadier W. A. Gbedemah, der zuvor für die Daimler-Chrysler-Kontakte zuständig war. Die Richtigkeit des Artikels bestätigte außerdem ein anonymer Stabsoffizier der ghanaischen Armee.

Die deutsche Botschaft in Accra sah keinerlei Grund, auf diesen Artikel zu reagieren, da sie nicht von der ghanaischen Regierung darauf angesprochen worden sei. Die Zentrale von Daimler- Chrysler in Stuttgart meint, der Artikel sei voller Unrichtigkeiten und Spekulationen und weist den Vorwurf der Korruption „in aller Schärfe“ zurück.

Deutschland steht auf Platz 16 des Corruption Perception Index von Transparency International (TI), einer NGO, die sich international auf die Bekämpfung von Korruption konzentriert. Der Bribe Payers Index von TI beleuchtete im Mai 2002 die Rolle, die multinationale Unternehmen mit Sitz in Westeuropa bei der Bestechung in Entwicklungsländern spielen. Er zeigte, dass die Bau- und Waffenindustrie den größten Anteil an den Bestechungsgeldern von Firmen aus Exportländern zahlen.

Die Bestechung im Ausland für Firmen aus OECD-Ländern wird riskanter, da die OECD-Konvention gegen die Bestechung ausländischer Amtsträger zunehmend in nationales Recht umgesetzt wird. Deutschland ahndet dies sogar mit Gefängnisstrafen. Der Bribe Payers Index zeigte allerdings auch, wie unbekannt diese Konvention noch ist.

Relevanz

Die OECD fordert von Deutschland, wirksamer gegen die Bestechung ausländischer Amtsträger durch deutsche Firmen vorzugehen. Die Forderung ist das Ergebnis des Prüfberichts der OECD vom 3. Juli 2003, der Deutschland hinsichtlich der Umsetzung der Konvention von 1997 zur Bekämpfung von Korruption im Ausland unter die Lupe nimmt. Kritikpunkte sind unter anderem die fehlenden finanziellen Mittel bei den Strafverfolgungsbehörden, um Fälle im Ausland aufzudecken, mangelnde Fortbildung bei der Polizei und den Verfolgungsbehörden, kein bundesweites Zentralregister „unzuverlässiger“ Unternehmen und keine rechtliche Absicherung von Whistleblowern. Außerdem würde Korruption, so TI, von Firmen aus Angst vor Imageverlust totgeschwiegen.