INA-Vorsitzender Hektor Haarkötter zu Gast bei Gert Scobel

private Aufnahme

„Erst die Corona Pandemie, jetzt Ukraine-Krieg, Inflation und Energienotstand. Aktuelle Mega-Themen beherrschen die aktuelle Berichterstattung“.
So leitete die ZDF-Sendung Scobel-Wissen das Wochenthema „Vernachlässigte Nachrichten“ am 06.10.2022 ein. Bei diesem Format empfängt Gert Scobel außergewöhnliche Gäste und kommt mit ihnen über aktuelle Entwicklungen in Wissenschaft, Gesellschaft und Politik ins Gespräch. Bei dem Thema „Vernachlässigte Nachrichten“ durfte die Initiative Nachrichtenaufklärung (INA), vertreten durch den Vorsitzenden Hektor Haarkötter, natürlich nicht fehlen. Außerdem zu Gast waren: Julia Leeb (Journalistin, Filmemacherin und Fotografin mit Fokus auf politische Umbruchsituationen) und Bernhard Pörksen (Lehrstuhl für Medienwissenschaft an der Universität Tübingen).
Ein zentraler Aspekt der Sendung waren die Mechanismen und Auswirkungen der Nachrichtenselektion und die Frage, wie mit der Vernachlässigung relevanter Nachrichten umzugehen ist. So fehlt es den Gäst*innen in der Medienlandschaft an einigen relevanten Faktoren. Herr Pörksen verweist dabei auf die zeitunabhängigen Nachrichten.
Was ist heute berichtenswertes geschehen? Diese Frage dominiert seit langem den westlichen Nachrichtenjournalismus. Doch dies führt zu einer systematischen Vernachlässigen von strukturellen, existenzrelevanten Themen.
Auf blinde Flecken innerhalb der Auslandsberichterstattung sei Journalistin Leeb binnen ihrer Arbeit schon häufiger gestoßen. Gelungene oder positive Ereignisse seien Herrn Haarkötter zu Folge ebenso unterrepräsentiert in der Berichterstattung. Der Frage nach den Gründen für die unzureichende Abdeckung bestimmter Themenbereiche in den Nachrichten nähern sich die Gäst*innen auf mannigfaltigen Wegen.
So spielen wirtschaftliche, politische, religiöse und kulturelle Aspekte eine Rolle bei der Auswahl der Nachrichten. Selektionsfaktoren wie die Konsonanz, also die Bedienung der Erwartungshaltung des Publikums, beispielsweise durch das Berichten über die weitere Entwicklung relevanter Ereignisse wie der Corona-Pandemie beeinflussen die Auswahl bzw. Nicht-Auswahl bestimmter Ereignisse für die Berichterstattung. Wie bei jedem Gut ist das Angebot an Nachrichten ebenso stark durch die Nachfrageseite also die Vorlieben der Konsument*innen bestimmt.
Nichtsdestotrotz muss die Medienlandschaft ihrem Bildungs- und Informationsauftrag gerecht werden und folglich ein gutes Maß zwischen Interesse und Relevanz innerhalb der Berichterstattung finden.
Doch ist die Erreichung dieses Maßes gewollt und nicht gekonnt?
Seit Jahren ist ein Abschwung des Investigativ Journalismus in der Medienlandschaft zu verzeichnen und das auch aufgrund mangelnder Nachfrage dieser Inhalte. Jedoch ist dieser Effekt ebenso auf die Schwierigkeit der Beschaffung, beispielsweise von Informationen aus Kriegsgebieten, zurückzuführenden. Fehlende finanzielle Ressourcen und Auslandsberichterstatter*innen führen zu einer Intensivierung dieses Problems.
Über Bereiche wie die Westsahara, West-, Zentral- oder Südostasien, Äquatorialguinea oder Ozeanen wir kaum berichtet und falls doch, stehen die Informationen im Zusammenhang mit Krisen und Kriegen.
Aber auch mit weiteren Herausforderung sieht sich die Berichterstattung konfrontiert.
Noch nie sah sich der Mensch konfrontiert mit so vielen Nachrichten und war gleichzeitig so unwissend über das Tagesgeschehen. Auch diesem Phänomen ging die Sendung auf den Grund. Nach dem News Find Me Prinzip sind Nachrichten omnipräsent, man erhält also fast überall Zugang zu Nachrichten, sei es im Fernsehen, beim Warten auf die Bahn über eine Digitalanzeige oder im alltäglichen Gespräch. So hebt Pörksen in diesem Zusammenhang die starke Verhaltensökonomie und die Desinformation als Herausforderung heutiger Berichterstattung hervor. Seien es Nonsense News von Donald Trump, Junk News über die Preisverleihung der Oskars oder unternehmerische News Rooms: die Berichterstattung erfährt eine immer ausgeprägtere Überflutung durch Irrelevantes. Algorithmen und kurzlebige Nachrichten verringern die Aufmerksamkeitsspanne des Publikums und Konzernriesen wie Facebook nehmen einen großen Teil des Informationswesens für sich ein. Durch Letzteres kommt es zu einem Trade-Off zwischen der Öffnung und der Vermachtung des kommunikativen Raumes.
Ansatzpunkte im Hinblick auf diese Herausforderungen sehen die Gäst*innen in einer stärkeren Medienbildung für die Bevölkerung und in besser kontextuell eingeordnet, sowie recherchierten Themen in den Nachrichten. Slow News, dafür spricht sich INA-Vorsitzender Hektor Haarkötter im Sinne einer besseren Medienwelt aus. Dies ist ihm auch ein wichtiges Anliegen bei der jährlichen Arbeit der INA, welche relevante aber medial vernachlässigte Themen veröffentlicht.
(Hiba Hamadache)

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