Fehlende Kontrolle von Stiftungen und Vereinen?

Zehn Top-Themen haben wir auf der Jury-Sitzung im Juli gewählt und vorgestellt. Mit etwas Abstand wollen wir nun einige weitere Themen vorstellen: Bürger haben die Themen eingereicht, Studenten haben sie recherchiercht – aber die Jury hat sie nicht in die Top Ten gewählt. Diskutieren kann man trotzdem drüber. Zweites Thema dieser kleinen Serie: Kontrolle von Stiftungen und Vereinen.

Abstract
In Deutschland gibt es etwa 60.000 eingetragene Vereine, die größtenteils als gemeinnützig anerkannt sind und Spenden sammeln dürfen. Bis auf das Finanzamt gibt es in den meisten Bundesländern aber kein Kontrollorgan, das die Spendensammlung der Vereine kontrolliert; und bei den Prüfungen stehen nicht unbedingt die Interessen der Spender im Vordergrund. So kann es dazu kommen, dass Vereine die Spendengelder zweckentfremden. Medien berichten nur bei vereinzelten Skandalen, insbesondere kleinere Vereine werden nicht kritisch betrachtet.

Sachverhalt & Richtigkeit
Um Spenden sammeln zu können, müssen Vereine und Stiftungen die Anerkennung der Gemeinnützigkeit beim Finanzamt beantragen. Als gemeinnützig anerkannte Vereine werden steuerlich bevorzugt behandelt und erhalten wesentlich einfacher öffentliche Fördergelder als andere Vereine. Die Anerkennung bedingt eine Befreiung von der Körperschaftssteuer, Vermögenssteuer, Gewerbesteuer, Erbschafts-/Schenkungssteuer und der Lotteriesteuer. Vereine, die nicht gemeinnützig sind, unterliegen diesen Steuern hingegen und müssen regelmäßig entsprechende Steuererklärungen abgeben.

Das Finanzamt prüft die Gemeinnützigkeit anhand des Vereinszwecks und der eingereichten Tätigkeitsberichte. Entscheidend dafür ist die Vereinssatzung. Zur Kontrolle überprüft das Finanzamt die Gemeinnützigkeit alle drei Jahre. Gemeinnützigkeit ist jedoch ein rein steuerrechtlicher Begriff. Bei der turnusmäßigen Überprüfung werden die Vereine aufgefordert, einen Erklärungsvordruck „Gem 1“ auszufüllen und Angaben über ihre Tätigkeiten zu machen. Für den Nachweis benötigen sie regelmäßige Aufzeichnungen aller Einnahmen und Ausgaben und entsprechende Belege. Wenn ein Verein die Voraussetzungen einer Gemeinnützigkeit erfüllt, stehen ihm die steuerlichen Vergünstigungen zu. Kritiker beanstanden jedoch, dass sich der Fokus der finanzamtlichen Prüfung auf steuerrechtliche Kriterien reduziere, weshalb die Kontrolle der Seriosität einer Spendenorganisation vernachlässigt werde. Die Dokumente, die das Finanzamt zur Prüfung heranzieht (Tätigkeitsberichte des Vorstands, Protokolle von Mitgliederversammlungen, eine Vermögensaufstellung etc.), seien zudem nicht sehr aussagekräftig. Konkrete Überprüfungen seien mit großem Aufwand verbunden und erfolgten deshalb nur selten.

Das Bundesfinanzministerium erklärt auf Anfrage, an die Anerkennung als gemeinnützige Körperschaft stelle das Gesetz hohe Anforderungen. „Insbesondere muss nachgewiesen werden, dass die Mittel zeitnah für steuerbegünstigte, satzungsgemäße Zwecke verwandt wurden. Das heißt, die Mittel müssen spätestens in dem auf den Zufluss folgenden Kalender- oder Wirtschaftsjahr für die steuerbegünstigten und satzungsgemäßen Zwecke verwendet werden. Die Überprüfung der Unterlagen erfolgt nach den strengen Kriterien der Abgabenordnung (AO).“

Vereine mit geringer wirtschaftlicher Tätigkeit müssen sich nur im Abstand von drei Jahren anhand einer speziellen Checkliste erklären. Hier wird gepüft, ob die Satzung geändert wurde, ob Rücklagen gebildet wurden oder ob Steuern festzusetzen sind. Bei größerer Wirtschaftlichkeit muss eine jährliche Steuererklärung abgegeben werden, schreibt das Bundesfinanzministerium – was den Argumenten der Kritiker nicht widerspricht.

Zwar gibt es zusätzliche Prüfstellen wie das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI), welches eine Prüfung der Vereine aus Sicht der Spender vornimmt und entsprechend seriöse Vereine mit einem Spendensiegel auszeichnet. Die angestrebte Transparenz aber ist keine Pflicht für die Vereine, sondern vielmehr ein Angebot, das sie freiwillig wahrnehmen können. Die Prüfung durch das DZI ist sehr aufwendig und zudem kostenpflichtig.

In Rheinland-Pfalz prüft die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) die Vereine im Sinne des Sammlungsrechts. Wenn ein Verein bei dieser Prüfung negativ auffällt, kann ein Sammlungsverbot in diesem Bundesland erteilt werden. In anderen Bundesländern wurde das Sammlungsrecht im Zuge des Bürokratieabbaus aber gänzlich abgeschafft. Innerhalb des Sammlungsrechts gibt es zwei Arten von Spendensammlungen: Erlaubnisbedürftige Spenden und Spenden, die keiner Erlaubnis bedürfen. Erlaubnisbedürftige Spenden sind solche, die immer mit einem unmittelbaren persönlichen Kontakt verbunden sind. Das können zum Beispiel sein: telefonische Spendenaufrufe, Spendensammeln an der Haustür oder Infostände, welche die Passanten direkt zum Spenden auffordern. Wenn ein Verein eine solche Spendensammlung durchführen möchte, muss er in Rheinland-Pfalz zunächst einen Antrag stellen. In anderen Bundesländern kann er einen solchen Spendenaufruf einfacher realisieren, ohne dass von einer staatlich-rechtlichen Seite Transparenz gefordert würde.

Die Gefahr von Missbrauch der steuerrechtlichen Privilegien von gemeinnützigen Vereinen sieht das Finanzamt nicht. „Die Regelungs- und Kontrolldichte ist in diesem steuerlich privilegierten Bereich hoch. Das Entdeckungsrisiko dementsprechend auch. Die Gefahr für Mißbrauch wird daher als tendenziell eher gering eingestuft“, schreibt das Bundesfinanzministerium.

Relevanz
Bei der alle drei Jahre durchgeführten Überprüfung durch das Finanzamt müssen die Vereine die zeitnahe und zweckgebundene Mittelverwendung nachweisen. Konkrete Überprüfungen können allenfalls stichprobenartig erfolgen. In dringlichen Verdachtsfällen wird eine steuerliche Außenprüfung durchgeführt, die intensiver erfolgt und bei der die tatsächliche Verwendung von Spendenmitteln untersucht wird. Wünschenswert wäre jedoch eine für den Spender transparentere Überprüfung aller Vereine. Das Sammlungsgesetz, wie es in Rheinland-Pfalz praktiziert wird, ist ein gutes Beispiel dafür, dass mehr Transparenz gegenüber dem Spender möglich ist. Allein die Tatsache, dass es theoretisch möglich ist, Spenden zweckentfremdet zu verwenden, stellt einen Vertrauensbruch gegenüber den Spendern dar. Genau darin liegt auch die gesellschaftliche Relevanz des Themas.

Vernachlässigung
Das Thema wird in den Medien größtenteils vernachlässigt. Die Datenbankrecherche ergab zwar einige wenige Treffer zu diesem Thema innerhalb der letzten zwei Jahre, diese konzentrierten sich jedoch auf einzelne Skandale statt auf einer kritischen Betrachtung der mangelnden Kontrolle. Auch befragte Experten konnten die Vernachlässigung des Themas bestätigen. Vor allem angesichts der vielen kleinen Vereine vor Ort ist eine kontinuierliche kritische Vereinsberichterstattung durch die Lokalzeitungen erforderlich. Diese findet derzeit nicht statt.

Quellen
Stefan Loipfinger, freier Journalist und Herausgeber CharityWatch.de

Sven Brauers, Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Rheinland-Pfalz, Abteilung für Sammlungsrecht

Burkhard Wilke, Geschäftsführer und wissenschaftlicher Leiter des DZI – Deutsches Zentralinstitut für soziale Fragen

Prof. Dr. Rainer Hüttemann, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Steuerrecht, Universität Bonn

www.vereinsbesteuerung.info, Grundsätze der Vereinsbesteuerung von Dipl. Finanzwirt Klaus Wachter

Kommentar
Stefan Loipfinger, freier Journalist und Herausgeber CharityWatch.de: „Ob dieses Thema ausreichend in den großen Medien publiziert wird? Ganz klar nein! Das hat verschiedene Ursachen. Zum Beispiel sind einige große Medien mit eigenen Organisationen am Spendensammeln und können schon allein deshalb nicht mehr völlig ohne Interessenskonflikt über den Wettbewerb berichten. Außerdem ist es immer schwierig einen „Gutmenschen“ zu kritisieren. Dann muss noch der Aspekt erwähnt werden, dass gerade für Boulevardmedien die Gemeinnützigkeit ein wichtiges Berichterstattungsfeld ist. Selbst sehr zweifelhafte Organisationen haben häufig prominente Fürsprecher, die beste Kontakte zu den Medien pflegen.“

Erstes Thema der Serie waren die Treffen der Bilderberger gewesen.

3 Kommentare zu Fehlende Kontrolle von Stiftungen und Vereinen?

  1. Um Wo Spenden sammeln zu können?
    Im öffentlichen Raum?
    Es gibt ja genug Foren, Privatpersonen etc. die „sammeln“ Spenden, indem sie einfach online auf ihrer Webseite ihre Bankverbindung angeben, oder den Flattr-Knopf einbinden etc..

    Was wäre wenn man einen Verein für gemeinnützige Eugenik gründet?
    Ganz ernst gemeinte Thematik.
    Der Staat müsste doch rein logisch gezwungen sein die Gemeinnützigkeit anzuerkennen, denn das wäre er ja ohne Frage. Auch das Ziel ist ein Gutes (*), und verstößt NICHT gegen das Grundgesetz etc.. Auch nicht „gegen die guten Sitten“.
    Z.B. ein Verein, der es sich zum Ziel gemacht hat Spendermaterial von Höchstintelligenten Spendern zu bekommen und zu verteilen.
    IQ145 und höher haben 0,15%, also 10,5Mio von 7Mia Menschen.
    Macht bei zwei Spendern im Schnitt einen IQ von 122,5 (steht in Artikel der Zeit, die Mitte zwischen 100 und dem IQ der Eltern). Zwei 180er also ein 140er-Kind (der Durchschnittswert der da gilt).
    Bei Spermien ist das noch einfach, und der Dt. Staat hat kein Gesetz dagegen.

    Eizellspende ist nicht legal, aber das kann ja in Belgien durchgeführt werden.
    Damit besteht kein Gesetzesbruch in Deutschland.
    Darf solch eine Umgehung durch Verlagerung ins Ausland zur Ablehnung der Gemeinnützigkeit führen?

    Würde man einer Frau mit IQ 100 eine Samenspende eines Mannes mit IQ180 vermitteln, müsste es 180+100/2= 140+100/2 = 120 ergeben. Nicht viel, aber besser als nichts.
    Man sieht, beide Spender erhöhen den zu erwartenden IQ enorm…

    *)
    – Bessere Chancen für Kinder aus der „Unterschicht“, „Bildungsfernen Familien“.
    – Glücklicheres Leben (nachgewiesen, auch durch freie Berufswahl bzw. Studienwahl).
    – Eher linksliberal als Rechts/Rechtskonservativ.
    – Eher Atheist als Gläubig.
    – Erhöhung des IQ der Menschen/Menschheit generell (und wenn es nur durch die Mischung mit „Normalen“ ist).
    Bei Vollautomatisierung in 20-40 Jahren bleiben nur noch akademische Tätigkeiten (oder das BGE genießen und nicht arbeiten), und da sollte zumindest jeder die Anlagen für haben können (wenn die Eltern sich nicht dagegen entscheiden, auch wenn sie dass natürlich einmal dem Kind erklären müssten, dass sie evtl. dafür zu Recht hasst).

  2. Der „BUNDESVERBAND“SelbstHilfeVerband FORUM GEHRIN e.V. hat mich was seine Gemeinnützigkeit als SHV sehr irritiert, persönlich wurde ich diffamiett, betrogen und schwer verletzt von den Vorstandsmitgliedern.

  3. Hallo,

    mir leuchtet nicht ein, was die „Stiftung Warentest“ mit dem ganzen Geld macht, das sie verdient. Angeblich fließt der Gewinn zurück in die Arbeit.
    Wie kann man eine Überprüfung von Stiftung Warentest, ähnlich wie der des ADAC lostreten?

    Schöne Grüße, Yvonne Leue.

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