Einmal Informationsfreiheit, bitte!

Die Informationsfreiheitsgesetze des Bundes und einiger Länder sollen Bürgern den Zugang zu behördlichen Informationen verschaffen. Davon profitieren Journalisten, die sich bei der Recherche auf eine andere Rechtsgrundlage als die Landespressegesetze berufen möchten. Die IFG sollen der Heimlichtuerei in manchen Behörden ein Ende setzen: Nicht mehr der Journalist muss erklären, warum er welche Informationen benötigt – das Amt sollte gute Gründe nennen, wenn es keine Auskunft erteilt. Das ist zumindest die Idee. In der Praxis gibt es Schwierigkeiten: Anträge werden aus fadenscheinigen Gründen abgelehnt, monatelang nicht bearbeitet. Als Rechercheinstrument etabliert ist die IFG-Anfrage in den meisten deutschen Redaktionen noch lange nicht.

Gesetze gegen die Verschwiegenheit in Ämtern

Das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) des Bundes erlaubt Bürgern und recherchierenden Journalisten seit Januar 2006, amtliche Informationen direkt bei Bundesbehörden wie den Bundesministerien und -ämtern zu erfragen – auch gegen eine Gebühr. Ähnliches gilt für die IFG einiger Länder wie Nordrhein-Westfalen, die für die jeweiligen Landes- und Kommunalverwaltungen bindend sind. Bis Januar 2009 haben sich immerhin elf Bundesländer ein IFG gegeben, Bayern allerdings noch nicht. In vielen deutschen Verwaltung hapert es zudem an der Umsetzung: Investigative Journalisten werden vor allem abgewiesen, weil die Behörden „Geschäftsgeheimnisse“ oder den „Datenschutz“ gefährdet sehen. In anderen Fällen erklären sie, nicht zuständig zu sein.

Besonders die Ministerien der Länder neigen nach Erfahrung von NGOs und Journalisten dazu, Auskünfte zu verweigern, wohingegen die Kommunen recht auskunftsfreudig sein können. Das Zugangsrecht zu Akten der Bundesbehörden wird zum Schutz von besonderen öffentlichen Belangen, Entscheidungsprozessen der Behörden, personenbezogenen Daten, Betriebsgeheimnissen und von geistigem Eigentum eingeschränkt. Durch Bekanntwerden der gewünschten Informationen dürfen außerdem innere und äußere Sicherheit, internationale Beziehungen, militärische Belange der Bundeswehr sowie laufende Gerichtsverfahren oder strafrechtliche, ordnungswidrigkeitsrechtliche und disziplinarische Ermittlungen nicht gefährdet werden.

Auf dem Weg zur behördlichen Information

Weder rechtlich noch sachlich muss der Antragssteller sein Interesse begründen. Journalisten können so zunächst ohne Verweis auf ihren Beruf nach behördlichen Informationen fragen, wenn sie sich auf das entsprechende IFG berufen. Nach einer ersten telefonischen Anfrage verlangen die Behörden in der Regel, dass der Recherchierende einen schriftlichen Antrag stellt. Darin legt der Antragssteller auch dar, wieso die angesprochene Behörde für seine Anfrage zuständig ist. Je genauer die Anfrage formuliert ist, desto schneller und angemessener können Behörden reagieren. Entscheidend ist, dass klar wird, auf welche Information der Antrag gerichtet. Anschließend vereinbart der Recherchierende einen Termin, um Einsicht in die Akten zu nehmen. Eine andere Möglichkeit ist, ihm die gewünschten Informationen als geschwärzte Kopie einer Akte zugeschickt oder in Form einer Auskunft erteilt werden.

Wer sein Recht auf Informationsfreiheit verletzt sieht, sollte sich zunächst an den Datenschutzbeauftragten der Bundesregierung wenden. Er kann intervenieren und die Herausgabe der Information an den Antragsstellter erreichen. Wenn die Behörde die Auskunft oder Akteneinsicht hartnäckig verweigert, kann der Journalist eine Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht vorbereiten. Eine solche Klage dient auch dazu, politischen Druck aufzubauen. Eine sinnvolle Strategie kann auch sein, Dritte wie beispielsweise Parlamentsabgeordnete einzubeziehen. Trotz allem ist es wichtig, im Gespräch mit der Behörde immer höflich und zuvorkommend zu bleiben, um als Journalist an sein Ziel zu kommen.

Die Kostenfrage

Für die Akteneinsicht kann jede Behörde nach eigenem Ermessen eine Gebühr verlangen, was manche Ämter sogar zur Abschreckung von Antragsstellern nutzen. Mündliche oder einfache schriftliche Auskünfte, auch die Herausgabe weniger Seiten mit Abschriften, sind kostenlos. Umfangreichere schriftliche Auskünfte kosten höchstens 125 Euro, wenn dabei kein erheblicher Verwaltungsaufwand entsteht. Die persönliche Einsichtnahme bei der Behörde kostet bis zu 500 Euro. Genauso viel können die Ämter und Verwaltungen auch verlangen, wenn sie schriftlich Auskunft erteilen oder Akten herausgeben, in denen Daten ausgesondert oder geschwärzt werden müssen. Nach dem nordrhein-westfälischen IFG fallen sogar Kosten in Höhe von 1000 Euro an, wenn die Behörde den Verwaltungsaufwand für die Bearbeitung des Antrags entsprechend hoch einschätzt.

Das Interesse an den Informationen deutscher Behörden wächst

Innerhalb der drei Jahre nach Inkrafttreten des IFG gingen bei den Bundesbehörden knapp 5000 Anfragen ein. Am größten sei das Interesse an den Akten des Gesundheitsministeriums und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, berichtete die Süddeutsche Zeitung Ende 2008. Im Verhältnis zur Zahl der bearbeiteten Anträge gewähre das Gesundheitsministerium an zweiter Stelle nach den Ministerien für Wirtschaft, Landwirtschaft und Entwicklung am häufigsten Zugang zu seinen Akten. Am seltensten seien dagegen das Bundeskanzleramt, das Finanzministerium und das Verteidigungsministerium auf die Anfragen eingegangen. Sie hätten demnach fast die Hälfte aller Anträge abgelehnt.

Das Interesse an den Akten wird indes größer: Die Zahl der Anfragen ist 2008 im Vergleich zu 2007 von 1265 auf 1548 gestiegen. Dies gehe aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen hervor, berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung Anfang März 2009. Gleichzeitig hätten die Behörden mehr Auskünfte verweigert: Die Zahl der Ablehnungen verdoppelte sich ungefähr (2007: 247; 2008: 536). Im Jahr 2008 beantworteten die Bundesbehörden 618 Anfragen vollständig, 2007 waren es noch 681.

Der Ablehnungsgründe gibt es genug

Trotz Einführung der IFG sehen sich Journalisten und Bürger häufig mit widerspenstigen und schweigsamen Behörden konfrontiert. Ein Antragssteller wollte beispielsweise wissen, welche Pestizidrückstände bei Kontrollen in Lebensmitteln gefunden wurden – obwohl die Informationen im zuständigen Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit vorlagen, sei man dort darüber „nicht verfügungsberechtigt“, lautete der Ablehnungsgrund. „Gefährdung der öffentlichen Sicherheit“ führte dagegen die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien als Ablehnungsgrund an, als ein Bürger Einblick in Protokolle erfragte, nach denen entschieden wird, ob ein Film jugendfrei ist. Auf die Frage, welche Tierversuche für das Landwirtschaftsministerium durchgeführt werden, antwortete das Amt, dass wegen des „erheblichen Verwaltungsaufwands“ für die Recherche mit hohen Gebühren zu rechnen sei. Diese Fälle führte die Süddeutsche Zeitung Ende 2008 in einem ausführlichen Bericht über das IFG des Bundes auf.

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