Dauerbrenner Nahostkonflikt: Herausforderungen und Wandel in der Medienberichterstattung

Ein Beitrag von Aron Keil, Duygu Cetin & Alexander Scheinert

Der Nahostkonflikt zwischen Israel und Palästina ist seit Jahrzehnten ein immer
wiederkehrendes Thema in den Medien, das durch seine Komplexität und seiner politischen
und historischen Relevanz, gerade seit der Eskalation des Konflikts am 8. Oktober 2023, die
Öffentlichkeit beschäftigt. Auch auf dem „8. Forum für Journalismuskritik“, welches dieses
Jahr unter dem Motto „Verständnis und Verständigung“ stattfand, wurde mit Expert*innen auch über den Umgang von Medien und Journalistinnen mit dem Nahostkonflikt und die aktuelle
Situation in Israel und Palästina diskutiert. In dem zweiten Panel, „Zwischen Kritik, Polemik
und Hetze: Wie reden über Nahost?“, diskutierte Prof. Dr. Kai Hafez mit Nazih Musharbash
(Deutsch-Palästinensischen Gemeinschaft), Deborah Schnabel (Bildungsstätte Anne Frank)
und Benjamin Hammer (Deutschlandfunk). Der Politik- und Medienwissenschaftler Prof. Dr.
Kai Hafez, welcher an der Universität Erfurt lehrt, nahm nach der Diskussion zur Rolle der
Medien in Konflikten im allgemeinen und im Nahostkonflikt im besonderen in einem Interview
Stellung.

Journalismus und Medien in Konfliktsituationen

In der Diskussion um Qualität versus Quantität in der Berichterstattung argumentiert Hafez,
dass eine Flut von Informationen nicht zwangsläufig zu einem tieferen Verständnis oder zu
informierten öffentlichen Debatten führt. Er kritisiert die oft oberflächliche Natur der Berichte,
die wichtige Kontextinformationen und nuancierte Analysen außer Acht lassen, und fordert eine
stärkere Fokussierung auf qualitativ hochwertigen Journalismus.
Hafez beobachtete die Entwicklung zwischen der aktuellen Berichterstattung und der seit der
Gründung Israels. Hier stellt er eine auffällige Veränderung fest: Während die Berichterstattung
in den 1960er Jahren, noch eine zu Israels Gunsten einseitige Tendenz aufweise, wurde sie
jedoch zunehmend differenzierter. „Interessant ist aber, dass wir in den letzten 30 Jahren
eigentlich eine Rückentwicklung zu diesem pro-israelischen Muster sehen“, analysiert er. „Auf
dem Höhepunkt von Krisen sind wir am anfälligsten für Differenzierungsverluste“, betont er.
Doch da bräuchten wir sie am nötigsten, weil dann die Kriegsunterstützung initiiert werde. Zur
Veränderung der Berichterstattung seit dem 7. Oktober 2023 erläutert er: „In den ersten
Monaten der Berichterstattung herrschte eine deutliche Schräglage, die nur langsam zu einer
ausgewogeneren Darstellung führte.“

Aufgaben und Möglichkeiten eines Friedensjournalismus

Hafez erinnert daran, dass Medien eine Schlüsselrolle bei der Formung der öffentlichen
Meinung und Politik spielen. „Wir brauchen eine Medienlandschaft, die bereit ist, tief zu
bohren, um echte Lösungen für langfristige Konflikte zu finden“, fordert er. Journalist*innen sollten in ihren Berichten nicht Emotionalisierung, sondern rationalisieren um so ein „Friedensklima“ zu schaffen. Ein besonderes Augenmerk legt Hafez auf die Ausbildung junger Journalistinnen: „Die
journalistische Ausbildung muss dringend internationale Perspektiven und Konfliktsensibilität
integrieren, um den heutigen globalen Herausforderungen gerecht zu werden“. Die Medien
ständen vor dem Problem, dass sie nur unzureichend über die Länder im Nahen Osten berichten
und so die Öffentlichkeit nicht genügend aufklären können. Oft mangelt es den
Auslandsjournalist*innen an finanziellen Mitteln und kulturellem Verständnis. Für die Zukunft
wünscht sich Hafez, dass die Medienhäuser selbstkritisch an diesen Problemen arbeiten und
einen konkreten Beitrag zur Lösung von Konflikten leisten. Dafür bräuchte es junge Menschen
die den Journalismus kritisch begleiten und neue Ideen in ihn hineintragen.

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