Bewegung bei INA-TOP-Thema: HIV-Positive sind heute besser vor Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt geschützt

2012 hat die INA Jury den fehlenden Rechtsschutz HIV-positiver Arbeitnehmer in die TOP 10 der vernachlässigten Themen Deutschlands gewählt (TOP 2): Dass für diese Berufstätigen ein Rechtsschutz gegen Diskriminierung fehlt, war für das Gros der Medien kein Thema – obwohl Benachteiligungen HIV-Positiver auf dem Arbeitsmarkt keine Seltenheit sind. Inzwischen ist Bewegung in das Thema gekommen: Eine Kündigung allein wegen einer HIV-Infektion ist in der Regel diskriminierend und damit unwirksam, urteilte das Bundesarbeitsgericht in Erfurt am 19.12.2013. Und: Eine HIV-Infektion sei wegen der mit ihr einhergehenden sozialen Stigmatisierung als Behinderung anzusehen – auch wenn sie symptomfrei ist. Damit sind HIV-Infizierte und in der Folge auch andere chronisch Kranke künftig durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz vor Diskriminierung geschützt. Eine mit der HIV-Infektion begründete Kündigung eines Beschäftigten ist nur zulässig, wenn der Arbeitgeber ein Übertragungsrisiko nachweisen kann und keine angemessenen Sicherheitsvorkehrungen möglich sind. Vor diesem Urteil gab es eine andere Rechtsauffassung: Das Landgericht Berlin hatte die Diskriminierungsklage eines wegen seiner symptomlosen Infektion gekündigten Chemielaboranten mit der Begründung abgewiesen, dass eine HIV-Infektion nicht unter das Schutzmerkmal „Behinderung“ falle, da mit ihr keine körperlichen Einschränkungen einhergehen. Der INA-Jurybericht aus dem vergangenen Jahr kritisierte insbesondere die fehlenden Rechtsgrundlagen: Die damals schwarz-gelbe Bundesregierung sah keinen Handlungsbedarf, da das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz angeblich indirekt auch HIV-Positive vor Diskriminierung schütze. Damit wurde die Frage der Rechtssprechung überlassen – was zu erheblichen Rechtslücken führte, wie die TOP 2 2012 zeigt. Das Erfurter Urteil hat die rechtliche Sicht verändert. Es orientiert sich an einem europäischen Urteil, ebenfalls aus 2013: Der Europäische Gerichtshof urteilte am 11.April 2013, dass eine Behinderung auch bei einer chronischen Krankheit vorliegen kann, wenn durch sie die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben eingeschränkt ist. Die Urteile samt Aktenzeichen dieses und des Erfurter Urteils sowie einen ausführlichen Bericht zum Thema steht auch auf diesem Anwaltsblog.

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