2025: Top-Thema 10

Erdrosselungsgrenze – Wenn steuerliche Belastungen die Existenz gefährden

Abstract:

Hinter dem Wort Erdrosselungsgrenze verbirgt sich theoretisch ein juristischer Schutz für Bürgerinnen und Bürger. Sie stellt sicher, dass Steuern niemanden wirtschaftlich überfordern dürfen, dass Abgaben also die Abgabepflichtigen nicht „erdrosseln“. Ab wann Steuern existenzbedrohend hoch sind, darüber entscheiden die Gerichte. Doch die haben noch nie festgestellt, dass diese Grenze erreicht wurde. Das Thema wird vernachlässigt, weil Medien zwar über Steuererhöhungen und deren Folgen berichten, die Erdrosselungsgrenze als rechtliche Begrenzung dabei jedoch nicht thematisieren. 

Sachverhalt & Richtigkeit:

Die Erdrosselungsgrenze basiert auf den Artikeln 12 und 14 des Grundgesetzes. Artikel 12 schützt die freie Berufswahl, während Artikel 14 das Eigentumsrecht garantiert. Diese Grundrechte sollen sicherstellen, dass Steuern niemanden so stark belasten, dass sie ihre wirtschaftliche Existenz oder persönliche Freiheit gefährden.

In den Fokus kam die die Erdrosselungsgrenze mit der Reform der Grundsteuer B im Jahr 2022. So haben viele Kommunen den Hebesatz drastisch angehoben, was zu einer Erhöhung der Grundsteuer auf Häuser und Grund führte, denn der Hebesatz multipliziert die Steuerlast. In Kerzenheim, einer Ortsgemeinde im Donnersbergkreis wurde der Hebesatz von 420 % auf 1.000 % angehoben.  Ursprünglich war sogar eine Erhöhung auf über 1.200 % im Gespräch, was jedoch nach Einsparungen und Kürzungen verhindert wurde. Auch die Gemeinde Niederkassel hat den Hebesatz auf 1.100% erhöht und wird ihn dieses Jahr auf 1.010% senken. Einige Einwohner befürchteten, ihre Häuser verkaufen zu müssen, weil sie die Steuer nicht mehr tragen können. Besonders ältere Menschen, die seit ihrer Geburt in ihren Häusern leben, fühlten sich existenziell bedroht.

Ob die Erdrosselungsgrenze im Einzelfall überschritten wird, entscheiden die Gerichte, wenn es zu einer Klage kommt. Es gibt keine festgelegte Obergrenze, die für alle Steuern gilt.  Bisher wurde noch nie festgestellt, dass diese Grenze erreicht wurde. Ein Beispiel hierfür ist ein Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz aus dem Jahr 2022: Auch hier ging es um die Grundsteuer B. Die Kläger argumentierten, dass die Steuer eine erdrosselnde Wirkung habe, doch das Gericht wies die Klage ab.

Im Jahr 2015 entschied das Bundesverwaltungsgericht in einem Fall zur Vergnügungssteuer auf Spielautomaten, dass diese Steuer trotz ihrer Höhe nicht gegen das Erdrosselungsverbot verstößt. Das Gericht stellte klar, dass die Steuer zwar hoch war, aber noch innerhalb der zulässigen Grenzen lag.

Die Diskussion um die Erdrosselungsgrenze bleibt aktuell. Mit steigenden Steuersätzen wächst auch das Risiko, dass diese Grenze in Zukunft überschritten werden könnte. Da es keine klaren Vorgaben gibt und jede Steuer potenziell eine erdrosselnde Wirkung haben kann, wird das Thema weiterhin von Gerichten und Betroffenen ernst genommen – insbesondere bei Steuern wie der Grundsteuer B, die häufig im Zusammenhang mit der Erdrosselungsgrenze diskutiert wird.

Relevanz:

Das Thema ist wichtig, weil die Höhe einer Steuer alle Bürgerinnen und Bürger betrifft. Wenn eine Steuer so stark erhöht wird, dass sie die sogenannte Erdrosselungsgrenze überschreitet, dürfen die Gemeinden diese Steuer nicht mehr erheben. Das führt dazu, dass den betroffenen Gemeinden wichtige Einnahmen fehlen. Ohne diese Gelder können sie ihre Aufgaben nicht mehr vollständig erfüllen – zum Beispiel Straßen instand halten, Schulen sanieren oder andere öffentliche Projekte finanzieren.

Vernachlässigung:

Über die Erdrosselungsgrenze hat kein Medium berichtet. Die Welt am Sonntag, der Focus und N-TV berichteten im November 2024 in einem Artikel über eine Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), dass viele Kommunen die Hebesätze der Grundsteuer sowie die Gewerbesteuer erhöhten. Der Welt-Artikel liegt dabei hinter einer Bezahlschranke. Allerdings wird die Erdrosselungsgrenze bzw. das Erdrosselungsverbot dort nicht erwähnt. Nach Berichten des SWR und des Spiegels im Jahr 2023 traten in den beiden Rheinland-Pfälzischen Gemeinden Freisbach und Bosenbach die jeweiligen Ortsbürgermeister und Gemeinderäte zurück, da sie nach dem Landesfinanzausgleichsgesetz einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen mussten. Allerdings weigerten sich diese Personen, dafür die Steuern zu erhöhen. In beiden Artikeln wird die Erdrosselungsgrenze nicht erwähnt, zumal von Gerichten entschieden wird, ob die Erdrosselungsgrenze erreicht ist, oder nicht. In diesen beiden Fällen lag es allerdings im Ermessen der Verantwortlichen, die Steuer nicht zu erhöhen.