Verbot von Menschenrechtsorganisationen in Äthiopien
Abstract:
In Äthiopien verschärft die Regierung die Repression. Mehrere Menschenrechtsorganisationen wurden im November 2024 verboten. Deutschland hat als Mitglied des UN-Menschenrechtsrates durch seine Enthaltung bei wichtigen Abstimmungen internationale Kontrollmechanismen geschwächt, was die Straflosigkeit im Land begünstigt. Angesichts der geopolitischen Bedeutung Äthiopiens und der anstehenden Wahlen 2026 ist verstärkter internationaler Druck notwendig, um Menschenrechte zu schützen und langfristige Stabilität zu sichern. In den deutschen und internationalen Medien aber ist Äthiopien weitgehend kein Thema mehr nach dem Ende des großen Krieges, der mit dem Einmarsch der Zentralregierung in Tigray begann und zwischenzeitlich weite Teile Äthiopiens erfasste. Über die Verbote wurde praktisch nicht berichtet.
Sachverhalt & Richtigkeit:
Äthiopien: Menschenrechte unter Druck – Internationale Kritik wächst
In Äthiopien eskaliert die Lage bzgl. der Menschenrechte weiter. Die Regierung hat mehrere Menschenrechtsorganisationen, darunter das Center for Advancement of Rights and Democracy (CARD) und Lawyers for Human Rights (LHR), zeitweise verboten. Amnesty International und andere Beobachter sehen in diesen Maßnahmen einen Höhepunkt der zunehmenden Repression gegen die Zivilgesellschaft.
Zunehmende Repressionen unter Premierminister Abiy Ahmed
Einst galt Premierminister Abiy Ahmed als Hoffnungsträger. Nach seinem Amtsantritt im Jahr 2018 leitete er umfassende Reformen ein: politische Gefangene wurden freigelassen, verbotene Parteien erhielten neue Zulassungen. Doch seit Beginn des Tigray-Konflikts 2020 hat sich das Bild gewandelt. Der Bürgerkrieg führte zu massiven Menschenrechtsverletzungen, die auch nach einem Waffenstillstand im Jahr 2022 nicht aufgearbeitet wurden.
Laut Franziska Ulm-Düsterhöft, Afrika-Expertin bei Amnesty International, verschärfte sich die Lage in den letzten Jahren dramatisch. „Tausende Journalistinnen und Aktivistinnen wurden inhaftiert oder verschwanden spurlos. Hinzu kommt die gezielte Schließung fast aller großen Menschenrechtsorganisationen, was unabhängige Berichterstattung und Rechtsberatung faktisch unmöglich macht.“
Verbot von Organisationen trifft Zivilgesellschaft schwer
Besonders betroffen ist der Ethiopian Human Rights Council (EHRCO), eine der ältesten unabhängigen Menschenrechtsorganisationen des Landes. EHRCO spielte eine zentrale Rolle bei der Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen und der Rechtsberatung. „Mit der Schließung dieser Organisationen fehlt jede unabhängige Instanz, die Menschenrechtsverletzungen dokumentieren oder Hilfesuchende unterstützen kann“, so Ulm-Düsterhöft. Ohne diese Arbeit droht ein Teufelskreis der Straflosigkeit.
Deutschland und die internationale Gemeinschaft in der Kritik
Besonders kritisch bewertet Amnesty International Deutschlands Verhalten im UN-Menschenrechtsrat. Im Oktober 2023 blockierte die Bundesregierung eine Resolution, die eine erneute internationale Untersuchung zu Äthiopien gefordert hätte. Diese Enthaltung wird von Amnesty als Signal der Schwäche gewertet.
„Nach dem Ende des Tigray-Konflikts hat Deutschland seine Beziehungen zu Äthiopien normalisiert und dabei die Menschenrechtslage ignoriert“, erklärt Ulm-Düsterhöft. „Es gibt keinen internationalen Mechanismus mehr, um Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen. Dies hat die äthiopische Regierung offenbar ermutigt, noch drakonischer gegen Kritiker vorzugehen.“
Die Bedeutung Äthiopiens für die Region
Die Zurückhaltung der internationalen Gemeinschaft ist nicht zuletzt auf die geopolitische Bedeutung Äthiopiens zurückzuführen. Als stabilisierender Faktor in der Region und wichtiger Partner in Migrations- und Sicherheitsfragen genießt das Land eine Sonderstellung. Laut Amnesty stellt dies jedoch kein ausreichendes Argument dar, um gravierende Menschenrechtsverletzungen zu ignorieren.
Was fordert Amnesty International?
Amnesty International fordert die internationale Gemeinschaft auf, stärkeren Druck auf die äthiopische Regierung auszuüben. Konkret wird die Wiedereinrichtung eines unabhängigen UN-Untersuchungsmechanismus gefordert. Zudem müssen Deutschland und die EU klare Stellungnahmen abgeben und nicht nur auf „stille Diplomatie“ setzen.
„Ohne unabhängige Überwachung droht Äthiopien, in noch tiefere Repression und Gewalt abzurutschen“, warnt Ulm-Düsterhöft. Hoffnung könne allenfalls eine erneute Initiative im UN-Menschenrechtsrat im Februar bringen. „Bis zu den Wahlen 2026 bleibt wenig Zeit, um die Menschenrechtssituation im Land zu verbessern.“
Keine positive Entwicklung in Sicht
Die Perspektiven für Äthiopien bleiben düster. Massenverhaftungen, willkürliche Gewalt und ein Klima der Angst prägen das Land. Ulm-Düsterhöft betont: „Es gibt keinerlei Aufarbeitung der Verbrechen, keine Wiedergutmachung für Opfer. Dies sendet ein gefährliches Signal der Straflosigkeit.“ Amnesty International und andere Organisationen fordern daher mehr Aufmerksamkeit für die Menschenrechtssituation in Äthiopien – auch in den deutschen Medien, die bislang nur wenig berichten.
Relevanz:
Deutschland ist Mitglied des UN-Menschenrechtsrates und trägt daher eine besondere Verantwortung für den Schutz und die Förderung der Menschenrechte weltweit. Zudem ist Äthiopien ein Schlüsselstaat in Ostafrika, sowohl als wirtschaftlicher Partner als auch in Sicherheitsfragen. Die Repressionen in Äthiopien treiben viele Menschen zur Flucht, diese Entwicklungen haben direkte Auswirkungen auf Migrationsströme.
Wirtschaftliche und geopolitische Interessen über die Menschenrechte zu stellen betrifft die Glaubwürdigkeit Deutschlands auf internationaler Ebene. Zudem ist das Engagement für Menschenrechte ein zentraler Wert der deutschen Gesellschaft. Leser die sich für globale Gerechtigkeit, Solidarität und Menschenrechte einsetzen, könnten motiviert werden politische Handeln einzufordern oder sich selbst zu engagieren.
Vernachlässigung:
Zu den verbotenen Menschenrechtsorganisationen gibt es lediglich die Pressemitteilung von Amnesty International. Internationale und äthiopische Medien wie APAnews, Addis Insight, Addis Standard, Capital Newspaper und Human Rights Watch berichten darüber auf englisch.