2023: Top-Thema 05

HHC: Das neue, legale Gras

Abstract:

Seit einigen Jahren besteht schon ein potenziell gefährlicher Hype auf sämtlichen sozialen Netzwerken, der vor allem unter der jüngeren Bevölkerung Einzug gehalten hat: der legale Konsum von HHC. Hexahydrocannabinol (HHC) wird durch eine molekulare Veränderung vom illegalen Cannabis synthetisiert, schwimmt jedoch durch seine molekulare Abweichung unter dem Radar des Betäubungsmittelgesetzes. Somit ist sein Besitz – trotz einer ähnlichen Wirkung wie bei Cannabis – bislang noch nicht strafbar. Medial wird im Hinblick auf die rund 4,5 Millionen Cannabis-Konsument:innen nicht genug über den Stoff selbst, aber vor allem über die möglichen Gefahren des Konsums berichtet. So muss auf Risiken wie leichtere Abhängigkeit, Panikattacken und auch Psychosen aufmerksam gemacht werden, damit junge Menschen die Wirkung der frei erhältlichen Substanz nicht unterschätzen.

Sachverhalt & Richtigkeit: 

HHC ist eines der Cannabinoide, die natürlich in der Cannabispflanze vorkommen. Jedoch nur in geringen Mengen. Der Großteil besteht aus zwei anderen Molekülen: Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD).

CBD ist ein beruhigendes Mittel, welches in Deutschland legal erwerblich ist. In vielen Städten von Berlin bis Köln gibt es sogenannte „CBD-Shops“. In diesen kann man die Blüten und Extrakte kaufen. Aber auch Kioske verkaufen vermehrt CBD-Blüten an über 18-Jährige. Das Cannabinoid ruft durch seine antipsychotische Wirkung keinen Rauschzustand hervor und wird bei der Behandlung mentaler Krankheiten wie Psychosen eingesetzt. Aufgrund der erst ab hohen Überdosen einsetzenden Rauschwirkung, fällt es nicht unter das Betäubungsmittelgesetz (BtMG). Es wirkt hauptsächlich entspannend und entzündungshemmend.

Ganz anders sieht es bei THC aus, welches neben seiner berauschenden Wirkung auch Steigerung des Appetits, eine Senkung des Schmerzempfindens, eine veränderte Wahrnehmung der Umgebung sowie unkontrolliertes Lachen auslöst. Es unterliegt bislang dem BtMG und ist somit nicht für jeden legal erhältlich. Mit einem Rezept vom Hausarzt kann es jedoch in ausgewählten Apotheken gekauft werden. So kommt es zum Beispiel als Medikament gegen ADHS, Tourette oder Angststörungen wie einer posttraumatischen Belastungsstörung zum Einsatz. Auch bei chronischen Schmerzen kann eine Cannabisbehandlung mit THC in Betracht gezogen werden. Als psychedelisch, also bewusstseinsänderndes Mittel kann THX, bei Veranlagung, mentale Erkrankungen wie Depressionen oder Schizophrenie begünstigen.

Obwohl HHC bereits 1947 bereits das erste Mal synthetisiert wurde, gibt es bis heute kaum Erkenntnisse über den Stoff. Die Synthese kann auf zwei Weisen erfolgen. Bei der ersten, natürlichen Synthese wird das HHC aus den Blüten der Cannabispflanze gewonnen. Diese Methode findet jedoch aufgrund der hohen Kosten kaum kommerziellen Einsatz. Dort wird eher der zweite Syntheseweg über Hydrierung im Labor gewählt. Dabei werden die molekularen Zusammensetzungen der natürlichen Cannabinoide, wie THC, aufgebrochen und mit Wasserstoff in HHC umgewandelt. Durch dieses Verfahren gibt es auch nur einen großen Unterschied zwischen THC und HHC: THC hat dort sechs Wasserstoffmoleküle, wo HHC neun hat.

Wegen dieses Unterschieds fällt HHC noch nicht unter das BtMG. Somit ist der Besitz weder legal noch illegal. Die chemische Struktur wurde schlichtweg noch nicht im Gesetz erfasst. Ähnlich wie bei der Droge LSD. Die chemische Struktur wird häufig so minimal verändert, dass sie beispielsweise zu1cP-LSD wird. Der Effekt bleibt jedoch der gleiche. Es entsteht eine neue chemische Struktur, die so lange legal ist, bis sie verboten wird. Bei LSD birgt die chemische Veränderung allerdings keine neuen Gefahren.

Anders ist dies bei der halbsynthetischen Herstellung von HHC, bei welcher gesundheitsschädliche Rückstände von Metallen wie Nickel oder Palladium zurückbleiben. Gelangen diese in die Atemwege, können Lungenerkrankungen wie Krebs die Folge sein.

„HHC macht genau so high wie THC. Vielleicht ein bisschen schwächer“, sagt Luc Pauen aus Korschenbroich. Er konsumiert seit mehreren Jahren schon Cannabis und hat auch schon häufiger HHC ausprobiert. Die Wirkung halte nicht so lang an wie die von THC. Auch das Ausmaß der Effekte sei abgeschwächt.  Da HHC noch nicht so gut erforscht ist, kann es zu durch den Konsum zu bislang noch unbekannten Gefahren kommen. Jedoch bekannt ist,  dass synthetische Cannabinoide wie HHC  zu leichterer Abhängigkeit , Panikattacken  und auch Psychosen führen kann

Dr. Fabian Pitter Steinmetz, Toxikologe aus Frankfurt, rät deswegen vom Konsum von HHC ab. Es sei nicht so gefährlich, wie andere synthetische Cannabinoide, aber solle auch nicht unterschätzt werden. Trotzdem wird der Hype um HHC immer größer.

Das liege am legalen Aspekt, sagt Luc. Für ihn sei es gut gewesen, das Betäubungsmittel einfach im Laden kaufen zu können und nicht auf den Straßendealer vertrauen zu müssen. „Man weiß, was man raucht“, sagt er. Dazu kommt der Hype, der um das Thema entstanden ist. Im Internet sowie im Freundeskreis war schnell vom legalen Gras die Rede. Mit seinen Freunden spreche er weniger über die Gefahren, sondern mehr über die verschiedenen Wirkungen. Es wirke anders, wenn man es gedampft anstelle von geraucht wird. Die Intensität der Rauschzustandes hängt dabei von der Sorte des HHC ab und man wolle jede Art einmal ausprobieren. Positiv sei außerdem, dass es sich preislich nicht stark vom Straßen Gras unterscheide.

Während THC-Gras auf dem Schwarzmarkt für rund zehn Euro pro Gramm angeboten wird, sind es bei HHC-Gras rund 11,50 Euro. Das liege an den Herstellungskosten, sagt ein Mitarbeiter des CBD-Shops „Honeypot“ in Köln. Die meisten HHC-Kunden seien im geschätzten Alter zwischen 18 und Ende 20. Er glaubt, dass auch HHC bald verboten werde. Schließlich sei es Cannabis in einer anderen Form und die Regierung sei da schon hinterher. In Wirklichkeit gibt es aber diesbezüglich noch keine offiziellen Stellungnahmen.

Die Vermutung liegt aber nahe, dass HHC, genauso wie THC, bald unter das BtMG fällt und somit verboten wird. Mit einer Legalisierung von Cannabis hätte es dann aber nochmal die Möglichkeit, aus dem Gesetz entfernt zu werden. Dr. Steinmetz ist jedoch dagegen. Er setzt sich für die Legalisierung von natürlichem Cannabis ein und möchte HHC ungern als Alternative vorschlagen. Abgesehen von dem höheren Gesundheitsrisiko, soll Cannabis nicht so wie HHC einfach im Laden erhältlich sein. „Fachgeschäfte für Erwachsene mit Produktaufklärung und Hilfsangeboten […] und natürlich Toleranz für persönlichen und gemeinschaftlichen Eigenanbau sind wohl der goldene Mittelweg mit dem geringsten Schadpotenzial.“, kommentiert er. Somit spiele HHC in der Legalisierungsdebatte keine Rolle.

Relevanz:

Die Legalisierung von Cannabis hat eine große Debatte in Deutschland ausgelöst. Sie betrifft rund 8,8% aller Erwachsenen im Alter von 18 bis 64 Jahren. Da es aber bisher noch illegal ist, bietet HHC bis zur Legalisierung eine Alternative zum Cannabis, die auch stark angenommen wird.

Vernachlässigung:

In den Medien wurden der Sachverhalt der legalen Kiosk-Droge bisher kaum aufgegriffen, SPIEGEL Plus veröffentlichte einen Artikel hinter der Paywall. Ansonsten wurde das Thema bisher nur von Spartenmedien aufgegriffen. Die Gefahren bleiben dabei außenvor.